Montag, 22. Juni 2020

Steil ist geil: Über den Pidinger Klettersteig auf den Hochstaufen

Hi! 😀

Nach unserer langen Wanderung wollten DF und ich im Urlaub die Beine nicht schon wieder so strapazieren. Unser nächstes Ziel sollte diese schonen und dafür mehr auf die Arme gehen und was wäre damit mehr prädestiniert als ein Klettersteig? 😁
Da wir aufgrund der Reisebeschränkungen innerhalb von Deutschland planen mussten, war die Auswahl ein wenig begrenzt. Das hat man davon, wenn man alle möglichen Klettersteige wie irre abrennt. 😅
Letzten Endes kamen wir auf doch ein geeignetes Ziel für zwei Irre wie uns ein: den Pidinger Klettersteig am Hochstaufen. 
Ausblick kurz unterhalb vom Einstieg des Klettersteigs. 😊
Ob sich der lange Weg in die Nähe von Bad Reichenhall gelohnt hat und ob der Klettersteig, der angeblich einer der anspruchsvollsten Alpinklettersteige sein sollte, hielt was er verspricht, das erfahrt ihr gleich. 😉


Vorab möchte ich noch ein paar Worte zum Pidinger Klettersteig verlieren: Er wurde erst im Jahr 2003 eingerichtet und verläuft entlang einer ehemaligen Kletterroute, die 1921 erstbegangen wurde. 
Laut der Topo auf Bergsteigen.com verläuft der Klettersteig entlang der steilen Nordwände des Hochstaufens (1.771 m). Da sehr sonniges und warmes Wetter gemeldet war, war bereits die Ausrichtung des Steigs ein Pluspunkt in DFs und meinen Augen. Wir gehören eher zu den lichtscheuen Wesen. 😅 
Der Pidinger Klettersteig hat eine stolze Länge von etwas mehr als 2,2 km (!) und führt etwa 710 Höhenmeter nach oben! Damit ist er länger als die Tajakante, die bisher der längste Klettersteig gewesen war, auf dem wir herumgeturnt waren. Auch wartet er mit einer Vielzahl an Kletterpassagen auf, welche die Schwierigkeiten C und sogar D erreichen. Aufgrund der Länge und der vielen härteren Stücke versprach er also durchaus interessant zu werden. 
Oder wie ich immer vor solchen Touren sage: "Ich werde viel fluchen!". 😂
Die Beschilderung am Parkplatz.
Wir starteten am 03.06.2020 um 05:00 Uhr in der Früh auf dem kostenlosen Wanderparkplatz in der Nähe von Urwies. Schon bei der Anfahrt zum Parkplatz fiel uns auf, dass der Klettersteig gut erkennbar ausgeschildert war.  

Am Parkplatz bemerkten wir einen sehr intensiven Duft nach Knoblauch, der uns bis auf eine Höhe von etwa 750 m mit nur wenigen Unterbrechungen begleiten sollte. Und das hatte auch seinen Grund, denn entlang des Weges stand fast alles voll mit Bärlauch! 😲 DF und ich waren richtig erstaunt darüber bis auf welche Höhe die Pflanzen am Hochstaufen bereits gewachsen waren.
Alles voller Bärlauch! 😲
Die ersten zwei Kilometer ging es auf einem breiten, aber durchaus steilen Forstweg nach oben. Da wir uns die meiste Zeit mitten im Wald befanden, hielt die Sicht sich dabei ziemlich in Grenzen.
Die einzig schöne Aussichtsstelle vom Forstweg aus.
Schließlich verließen wir den breiten Weg und stiegen über schmale, steile Trampelpfade weiter auf in Richtung Klettersteig. Der Einstieg befand sich etwa auf 1.070 m. 
Die Beschilderung war super! 

Und der Zustiegspfad war schmal, steil und schottrig - ein Traum! 
Allerdings fiel uns bereits beim Aufstieg auf, dass wir die Sonne ungebremst abbekamen, obwohl sich der Klettersteig laut Topo nordseitig befinden sollte?! 
Ein prüfender Blick auf die Karte zeigte uns dann, dass der Pidinger Klettersteig in kleinen Passagen auf der Nordseite verläuft, wobei der Großteil der Strecke allerdings eher östliche oder nordöstliche Ausrichtung hatte. Soviel dazu, dass wir der Sonne hatten entkommen wollen...🥵
Ein erster Blick auf die Einstiegswand. 
Gegen 07:00 Uhr erreichten DF und ich den Einstieg. Wir nahmen uns die Zeit für eine kleine Pause, ehe wir unsere Klettersteigausrüstung anlegten und dem Klettersteig auf die Pelle rückten. 
Klettersteiggehen mit Youtuber. 🤣


Das geht ja gleich gut hoch...
Die erste Passage gab einem bereits einen guten Vorgeschmack auf das, was noch kommen würde. Die Einstiegswand war sehr glatt (der Fels war so speckig, dass er in der Sonne glänzte!) und ziemlich steil, so dass sie in der Topo von www.bergsteigen.com mit Schwierigkeitsgrad D einstuft wurde. Das knackige C-Stück direkt im Anschluss war auch nicht wirklich geeignet, um sich für das anschließende D-Stück ausruhen zu können. 😅 
Für mich war zwischendurch mal wieder "taktischer Rastschlingeneinsatz" angesagt, aber mit dieser Methode habe ich inzwischen ja sehr gute Erfahrungen gemacht. 
Ziemlich steil und so ziemlich trittlos! 
Blick zurück zu DF.
Der Steig führte weiter steil nach oben, wobei er die ganze Zeit über linksseitig einer großen Schuttrinne verlief. Nach mehreren leichteren Passagen (maximal B/C) erreichten DF und ich schließlich das erste Gehgelände, das uns auf die andere Seite der Rinne brachte.
Wir hatten noch ein gutes Stück zu gehen, ehe wir den "Steilen Pfeiler" erreichten.  
Wenn man die Rastschlinge vergisst, ist improvisieren angesagt.
Einer der letzten steileren Aufschwünge neben der Rinne.

Das Gelände wird leichter. 
An dieser Stelle wäre auch die erste von insgesamt zwei Möglichkeiten, um einen Notausstieg zu machen, falls man merkt, dass der Pidinger Klettersteig  zu hart für einen ist. Uns ging es an dieser Stelle aber noch ziemlich gut, so dass wir selbstverständlich (😅) den Klettersteig weiter gingen.
Auch die Beschilderung zum Notausstieg war top! 
Der "Steile Pfeiler" hatte seine Bezeichnung nicht von ungefähr. Über knapp 50 Höhenmeter ging es gefühlt senkrecht nach oben, wobei die einfachsten Passagen immer noch im Schwierigkeitsgrad C lagen. Wer nach diesem Abschnitt noch friert, hat definitiv etwas falsch gemacht! 🥴
Steiler Pfeiler - und wie! 

Perspektive ist was tolles! 🤣
Und ran an den Speck! 
Danach folgten wieder leichtere Klettersteigabschnitte (maximal A/B), durchsetzt mit Gehgelände, so dass DF und ich recht flott voran kamen. 
DF in seinem Element. 😄

Das ist doch mal entspannend...
Vor dem nächsten größeren Aufschwung befand sich die zweite und letzte Notausstiegsmöglichkeit. Die Notausstiege waren auch mit entsprechenden Infotafeln gekennzeichnet, so dass man eigentlich nichts falsch machen konnte. 
Bei der Beschilderung wurde wirklich an alles gedacht! 
Im nächsten Abschnitt ging es erst etwas steiler zur Sache, ehe wir uns eine ganze Weile direkt auf dem Blockgrat bewegten. Die Aussichten von dort waren phänomenal - der Chiemgau und die Gegend rund um Piding präsentierten sich  bei bestem Wetter. 
Sieht irgendwie ziemlich verworren aus...😅

Die Rampensau...äh, der Rampenhund! 🐕
Kaum hatten wir den Grat gemeistert, meinte es der Pidinger Klettersteig nicht gut mit uns. Er führte nämlich nach unten!!! 😑 
Auf dieser Etappe kamen wir an einer Schutzhöhle vorbei. DF und ich nutzten die Gelegenheit für ein zweites Frühstück. 😁 ...und während dieser Auszeit durfte ich feststellen, dass die Schmetterlinge am Hochstaufen ziemlich aufdringlich sein konnten. 😂
Was es nicht alles gibt!?

Ist zwar nicht riesig, aber für den Notfall mehr als ausreichend! 

Ziemlich aufdringlich, der Kleine! 😅
Und weiter ging es nach unten, sogar über ein paar kleinere Steilstufen (Schwierigkeitsgrad B). Wofür hatte ich mich zuvor die steilen Stücke nach oben gekämpft?! 😬
Uuund abwärts, bitte! 
Wieder querten wir eine Rinne, ehe wir an meiner persönlichen "Nicht-Lieblings-Passage" des Steiges ankamen. Steil ging es an einer glatten, plattigen Wand nach oben, ehe wir an dieser entlang nach links traversierten. Diese Stellen erreichten immerhin auch Schwierigkeit C und waren zumindest für mich nicht ganz ohne. Irgendwie werde ich mit allzu plattigem Untergrund wohl nie wirklich warm werden. 😰
Platten, Platten, überall!!! 
Nach dieser Querung erreichten DF und ich das letzte, kleine Stück Gehgelände, an dem sich sogar eine Sitzgelegenheit befand. Doch viel Zeit für eine Pause nahmen wir uns nicht mehr, da inzwischen immer mehr Betrieb auf dem Klettersteig herrschte. 
Leichteres Gelände nach der Traverse.


Direkt unterhalb des letzten Steilaufschwungs.
Bis etwa zur Schutzhöhle waren wir noch fast alleine unterwegs gewesen, doch danach, ab etwa 10:00 Uhr, hatten wir das Gefühl uns auf einer Autobahn zu befinden. Dabei waren wir sogar an einem Mittwoch und nicht am Wochenende unterwegs! 😓
An etlichen Stellen hatten wir andere Klettersteiggeher vorbei gelassen, um in Ruhe filmen und fotografieren zu können. Doch inzwischen herrschte soviel Betrieb, dass wir mit dieser Taktik gar nicht mehr vorwärts gekommen wären. Also hieß es Zähne zusammenbeißen und mit "Verfolgern" im Nacken weitermachen - etwas, was ich eigentlich gar nicht leiden kann. 😖
Da hat einer die Bank dringend nötig! 😂
Der allerletzte Abschnitt des Pidinger Klettersteigs hatte es auch laut Topo noch einmal richtig in sich - steil, ausgesetzt und mit etlichen D und C/D-Passagen gespickt. Es war schon erschreckend, wenn man eine B-Stelle im Klettersteig als Pausenstelle einplanen musste. 
DF und ich stellten fest, dass die Bezeichnung "steil" an sich nicht ausreichend  gewählt war. An mindestens zwei Stellen hatte man wohl vergessen zu erwähnen, dass es sich um Überhang-Passagen handelte. 🤨
Da ging es hoch! 

So langsam wird's anstrengend! 
Stetig ging es für uns weiter nach oben, bis wir kurz unterhalb des Ausstiegs das Steigbuch erreichten. 
Sogar mit Holz-Cover...

...voll das Luxus-Buch. 😁
Einen Eintrag später machten wir uns an den Rest, der noch einmal gut an den Armen zog. Und bei dem C/D-Stück an diesem Abschnitt waren DF und ich uns anschließend einig, dass es aufgrund des Überhangs durchaus auch die Kategorisierung D verdient hätte. 🤫
Und noch einmal kräftig ziehen! 

Kurz vorm Ausstieg! 
Um 12:30 Uhr war es geschafft: DF und ich hatten den Austieg des Klettersteigs erreicht und blickten auf das vollkommen überbevölkerte Gipfelkreuz des Hochstaufens! 😱
Das Gipfelkreuz vom Hochstaufen. 
Allein während wir am Ausstieg des Pidinger Klettersteigs kurz Pause machten, um unsere Ausrüstung abzulegen, kamen mindestens noch einmal 15 weitere Bergsteiger an dieser Stelle nach oben. Inzwischen dürfte der Steig tatsächlich einer Autobahn zur Rush Hour geglichen haben. 


Team Stoffel am Hochstaufen. 
Einerseits schreckten uns die Massen ab, andererseits wollten wir zumindest kurz am Gipfelkreuz gewesen sein. DF und ich erstarrten jedoch fast vor Schreck, als wir rechtsseitig vom Gipfelkreuz die Liegewiese entdeckten, auf der es aussah wie am Strand von Sylt zur Hochsaison! 😨
Ich hoffte zumindest noch einen Gipfelbucheintrag machen zu können, nur um am Kreuz festzustellen, dass es gar kein Gipfelbuch gab. Toller Scherz. 😐
Blick bis zum Chiemsee! 
Also machten wir uns so schnell es ging an den Abstieg. Dazu mussten wir erst zum Reichenhaller Haus absteigen, ehe wir dem schwarzen Wanderweg in Richtung "Steinerner Jager" (manchmal auch "Steinerner Jäger" genannt) folgten. 
Direkt unterhalb vom Reichenhaller Haus. 
Die rot-weißen Markierungen waren immer gut sichtbar angebracht, wobei das Gelände zum Teil alles andere als freundlich war. Steil, schottrig oder auch einfach unwegsam führte der Pfad auf der Südseite nach unten. 
DF auf dem Weg nach unten. 
DF und ich wurden ganz gut durchgebacken. 🥵 Zwischendurch ging es auch immer noch einmal nach oben, was zusätzlich zu dem "hässlichen" Weg deprimierte. 😅
Gut zu gehen ist irgendwie anders. 

Der Weg wird zwar leichter, führt aber auch nach oben...
An einer Stelle hatten wir noch einmal eine geniale Aussicht auf den Klettersteig und mussten bei der Steilheit selbst ein wenig schlucken. 😅
Seht ihr den Kletterer? An der Kante ging es für uns vorher auch hoch. 
DF und ich waren so froh, als wir endlich im Wald und damit im Schatten waren. Die Sonne war inzwischen fast unerträglich geworden. 
Eine letzte, überraschende "Hürde" im Wald. 
Den restlichen Weg ging es auf gut gangbaren Pfaden zum Teil im Zickzack durch den Wald. Dort stießen wir schließlich wieder auf den altbekannten Forstweg vom Morgen. Nach zwei sehr steilen Kilometern erreichten wir um 17:00 Uhr den Parkplatz und unser Auto! 😀

Unser Timing hätte übrigens nicht besser sein können, denn bereits auf der Autobahn auf Höhe vom Chiemsee begann es ordentlich zu regnen! 😨
Blick auf den Chiemsee von der A8 aus. 



Das Video von DF findet ihr hier: Pidinger Klettersteig auf den Hochstaufen & Abstieg via Steinerne Jager №354 😉


Fazit zur Tour: 
Der Pidinger Klettersteig wird zu Recht als sehr schwerer Klettersteig eingestuft. Durch seine Länge und die immer wieder sehr harten Stücke erfordert er einiges an Kraft, Ausdauer und Geschick von seinen Begehern. Für Anfänger ist er definitiv nicht geeignet. Wer aber begeisterter Ferrata-Fan ist, dürfte an diesem Klettersteig durchaus seinen Spaß haben! 😃
Man sollte sich allerdings nicht auf die Angabe in der Topo verlassen, dass der Klettersteig an den Nordhängen des Hochstaufens verläuft. Die meiste Zeit verlief er nämlich definitiv auf der Ostseite, so dass man an heißen Tagen durchaus gegrillt werden dürfte! Für uns hat die Hitze Anfang Juni durchaus gereicht. 
Laut Schautafel soll er zudem etwa 5.000 mal pro Jahr begangen werden, was in einem Jahr (ohne Schaltjahr) immerhin 13,69 Begehungen pro Tag macht. Wenn man dann noch Wetter und Witterung bedenkt, kommt man an guten Tagen zu einer sehr hohen Frequentierung! Auch das sollte man bei der Tourwahl bedenken! Ein großes Plus für den Pidinger Klettersteig ist, dass er auf nur etwa 1.771 m hinauf führt, so dass er schon sehr früh im Jahr und auch am Ende des Jahres noch lange gegangen werden kann. 
Das allerdings gilt für den gesamten Hochstaufen, so dass man am Gipfel immer mit ordentlich Betrieb rechnen kann. Wer also eher die Einsamkeit sucht, sollte diesen Berg vielleicht meiden. 😅 
Die Sicht vom Hochstaufen in Richtung Chiemgau und Berchtesgadener Alpen war absolut faszinierend. Es war ein tolles Kontrastprogramm auf den Chiemsee zu schauen und nach einer kurzen Drehung bereits die verschneiten Gipfel der höheren Berge zu erspähen. Die Aussicht war den Ausflug also allemal wert! 😊
Ein klein wenig nervig war allerdings der Lärm von der Autobahn A8, die praktisch direkt unterhalb des Hochstaufens vorbei führt. Während unserer Tour herrschte zwar aufgrund der Grenzsperrung ein vermindertes Verkehrsaufkommen, allerdings hatten selbst DF und ich das "Grundrauschen" die ganze Zeit im Hintergrund. 
Wir können nun jedenfalls sagen, dass wir den Mythos "Pidinger Klettersteig" erfolgreich ergründet und für uns abgeschlossen haben. 😁


Bis zur nächsten Schandtat!

Eure Katharina 

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