Mittwoch, 16. September 2020

Vordere Brandjochspitze Südgrat - Mutprobe in der Innsbrucker Nordkette

Hi! 😀

Am 07. August 2020 hatten DF und ich ein "halbes" Schonprogramm geplant. 😁 Unser Ziel war die Vordere Brandjochspitze (2.559 m) in der Innsbrucker Nordkette und einen Großteil des Aufstiegs überließen wir der Seegrubenbahn. 😇 Doch hielt die Tour über den Südgrat mit UIAA 3- anschließend noch genügend "DF-Bonus" bereit. Aber seht selbst. 😅
Der Südgrat der Brandjochspitze im Profil. 
Wir starteten um kurz nach 08:00 Uhr an der Talstation der Seegrubenbahn in Innsbruck, die uns in kürzester Zeit sehr gemütlich auf 1.905 m Höhe beförderte. 
An der Talstation. 
Auf dem Weg nach oben. 
Von dort aus konnten wir bereits unser Ziel und unseren Weg dorthin, den Südgrat, deutlich erkennen. Auf den ersten Blick sah es mal wieder unmöglich aus. 😨 Abgesehen davon hatten wir insgesamt ein hammermäßiges Panorama und konnten sogar die Ilmspitze sehen, auf der wir zwei Tage zuvor noch gestanden hatten. 😁
Das Panorama in Richtung Stubaier Alpen mit Ilmspitze (linker Pfeil) und Habicht (rechter Pfeil). 
Was es nicht alles gibt...🤔
Schilderwald an der Bergstation.
Ab der Bergstation hieß es für uns erst einmal die nächsten vier Kilometer am Hang entlang queren, wobei es einiges an Auf und Ab zu überwinden gab. Oberhalb von uns verlief die eindrucksvolle Nordkette mit dem Innsbrucker Klettersteig, der auch irgendwann noch einmal fällig ist. 😁
Entspannte Wege zu Beginn. 
Bei diesem Labyrinth aus Wegen hat man die Qual der Wahl. 😨
Zuerst waren es noch breite Pfade, die mit der Zeit immer schmaler und auch unbequemer wurden. Die Route bis zum Brandjochboden (1.960 m) war als schwarze Route markiert und es gab zwischendurch einige Stellen, die einem klar machten warum. Ein gewisses Maß an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit waren definitiv von Vorteil. 

Mein persönliches Highlight waren zwei Schafe, die vor uns auf dem Weg entlang trotteten und sich absolut nicht beirren ließen. Da sie jeweils mit roten Punkten versehen war, nannten DF und ich sie nur noch die "laufenden Markierungen". 😂 Für gute 500 Meter blieben wir brav hinter ihnen, ehe wir sie an einer breiteren Stelle überholten. 
Die laufenden Markierungen. 🐑🐑
Ob das noch wächst? 😂
Die Pfade werden etwas schmaler. 
Zum Glück gab es "Water-To-Go" bei dieser Affenhitze. 🥵
Wobei der Schnee sich noch gehalten hat...!?
Kurz vor dem Brandjochboden ging es kurz durch kleine Latschenwälder hindurch, die sich in der Sommersonne bösartig aufgeheizt hatten. Ohne den andauernden, kühlen Wind wären wir an dieser Stelle garantiert schon Grillhähnchen geworden. 🥵
Blick ins Inntal.
Latschen, Latschen, Latschen überall! 
Von dort aus konnten wir bereits unser nächstes Zwischenziel, das Brandjochkreuz (2.268 m), sehen. Bis zu diesem Gipfel sollte alles noch "easy-going" sein, da der eigentliche Südgrat zur Vorderen Brandjochspitze erst dahinter begann. Doch bis dahin hatten wir noch dreihundert Höhenmeter auf weniger als einem Kilometer Wegstrecke zurück zu legen. 😐
Das Gipfelkreuz scheint zum Greifen nahe...
Rückblick zum Brandjochboden. 
Glücklicherweise blies weiterhin ein angenehm frischer Wind, der die brennenden Sonne erträglicher machte. In steilen Serpentinen liefen wir erst durch einige Latschenfelder und schließlich auf steilen Grashängen nach oben, bis wir um 12:00 Uhr das Brandjochkreuz erreichten.
Kurz unterhalb vom Gipfelkreuz.
Kleine Gipfelrast mit traumhaftem Panorama - und damit meine ich nicht nur DF. 🤗
Wie immer war ich für den Eintrag ins Gipfelbuch zuständig. 😉 Ich hatte ihn auch bereits verfasst und fotografiert, als das Unglück seinen Lauf nahm: Ich wollte das Gipfelbuch gerade wegpacken und bemerkte dabei jedoch nicht, dass sich eine Wespe auf der Innenseite meines rechten Unterarms niedergelassen hatte. Diese fühlte sich von meiner plötzlichen Bewegung "natürlich" bedroht und stach zu. 😖 Ich sprang schreiend auf, wurde von dem Biest am Gipfelkreuz noch regelrecht verfolgt und habe mich nur noch gesputet, um das Gipfelbuch wieder zurück in seine Metallbox zu packen. 
Leider etwas unscharf. Man gönnt sich ja sonst nichts...😓
Vielen Dank an DF, der selbst auf dieser Höhe Breitwegerich fand, der zumindest die schlimmsten Schmerzen ein wenig linderte. Und ja, ich reagiere leider ziemlich heftig auf Insekten-Stiche aller Art. 😖

Ich wollte im Anschluss noch einige Bilder von der schönen Aussicht machen, konnte jedoch mein Handy nicht finden. Es war weder in der Handytasche, noch am Rucksack oder am Fußboden am Gipfelkreuz!? DF klingelte meine Nummer deshalb an und tatsächlich hörten wir meinen Klingelton, aber sehr gedämpft?! Es dauerte ein bisschen, bis ich begriff, dass das Klingeln aus der Metallbox des Gipfelbuchs kam - und genau dort fand ich schließlich auch mein Handy!
Ich hatte es vor lauter Schreck wohl einfach im hektisch zugeklappten Gipfelbuch vergessen, als ich vor der Wespe geflüchtet war. Sachen gibt es...😅

Nach diesem Schreck ging es für uns zuerst auf einem einfachen Wiesengrat weiter. Der Südgrat zur Vorderen Brandjochspitze sollte laut der Topo von bergsteigen.com markiert sein und wir entdeckten schon nach kürzester Zeit die ersten gelben Markierungen. 
Wobei ich zugeben muss, dass wir am allerersten Felsaufschwung etwas planlos da standen und uns schließlich nach Gefühl den einfachsten Weg suchten, der auf der linken Seite nach oben führte. Im Anschluss fanden wir problemlos einen großen, gelben Punkt (Markierung), der uns zeigte, dass wir richtig waren. 😁
Rückblick auf den einfachen Wiesengrat.
Eine der vielen gelben Markierungen.
Danach war die Orientierung kein Problem mehr. Der Grat selbst wies einem dem Weg und falls man direkt von diesem abzweigen musste, waren sogar Pfeile auf den Fels gezeichnet - was für ein Luxus! 😊
Das entspannte Gelände am Anfang. 
Der weitere Gratverlauf zeichnet sich ab. Etwas später sollten wir bei diesem markanten Felsen links von der Bildmitte stehen. 
Pfeilmarkierungen am Grat.
Die erste Schlüsselstelle war ein Kamin (UIAA 2+), in dem man etwa fünf Meter abklettern musste. Der obere Part war kein Problem, doch nach unten wurde der Fels immer brüchiger. Am Ende des Kamins stand man vor der Wahl an brüchigem Fels zu traversieren oder mit spannenden Verrenkungen auf den viel zu tief liegenden Boden (man hatte mindestens einen Meter Nichts ab dem letzten Absatz und zur einen Seite fiel der Hang steil ab) zu kommen. Ich hatte mich für Variante eins entschieden und DF wählte Variante Nummer zwei. 😅
Im Internet hatte ich mehrfach gelesen, dass andere Bergsteiger ihre Rucksäcke an dieser Stelle abgeseilt hatten und ich konnte es im Nachhinein gut verstehen. Wir hatten glücklicherweise nur unsere kleinen, schmalen Kletterrucksäcke dabei, so dass wir ganz gut durch den Kamin passten. 😄
Der Blick hinab vom Einstieg.
DF am Einstieg vor dem schmalen Kamin.
Übersichtsaufnahme der ersten Schlüsselstelle.
Direkt nach dieser Knobelei gab es ein kleines Felsenfenster. 😊 Zum Fotografieren lag es leider in einem ungünstigen Winkel, aber DF hat es im Video festhalten können. 😉 

Der Grat führte uns fast unmittelbar weiter zur zweiten Schlüsselstelle, nur dass diese Rinne (UIAA 3-) nun nach oben führte. Zuerst ging es noch über II-er-Gelände nach oben, bis man direkt am Einstieg stand. 
In dieser Rinne sollte es gleich nach oben gehen (ganz grob eingezeichnet). Der linke Pfeil markiert den "Daumen hoch" und der rechte Pfeil das Gipfelkreuz.
Ich entschied mich dafür erst linksseitig aufzusteigen, da sich dort ein Stahlstift befand. Die Tritte waren an dieser Stelle zeitweise sehr dünn gesät und gefühlt habe ich mich zwischendurch ausschließlich an diesem Stift gehalten, um mich auf dessen Höhe wieder nach rechts in die Rinne hinein zu basteln. 😅 Damit waren die Schwierigkeiten aber noch nicht vollständig geschafft, da es ziemlich steil nach weiter ging. Der Ausstieg auf der linken Seite war durch eine Markierung gut erkennbar, aber auch etwas verwürgt und recht ausgesetzt. 
Der Blick von unten in die Rinne. Der gelbe Kreis markiert den Stahlstift, an dem ich mich festgehalten habe.
DF entschied sich bei dem Aufstieg für eine etwas andere Variante, indem er die Rinne von unten direkt anging. Sein Fazit: Es war nicht unmöglich, aber ohne Kletterschuhe unangenehm. 😅
DF im oberen Teil der Rinne. 
Weiter ging es über einen schmalen Grat (UIAA 1-2), der klettertechnisch nicht schwierig war, durch die Ausgesetztheit aber einiges an Psycho-Faktor zu bieten hatte. 😅
DF auf dem einfachen, aber durchaus ausgesetzten Grat. 😁
Doch war das alles nichts im Vergleich zu der eigentlichen Mutprobe und finalen Schlüsselstelle, die sich nun direkt vor uns befand. 😱
In der Topo war diese Stelle als UIAA 3- und für kleine Menschen als UIAA 3 angegeben. Verschiedene Recherchen hatten uns gezeigt, dass der sogenannte Spreizschritt von vielen auch als Sprung bewältigt wurde. Ich hatte die  zweifelhafte Ehre und durfte mich zuerst daran wagen.
Da musste man irgendwie rüber kommen...😨
Die erste Schwierigkeit bestand darin auf recht glattem und speckigem Fels ein kleines Stück abzuklettern, bis man am Spreizschritt stand. Dieser führte direkt über eine kleine Schlucht. Gemein war jedoch, dass die einzige Stelle, an der man herunterklettern konnte, so ausgerichtet war, dass man ausgerechnet in den steileren Teil der Schlucht hinuntersehen musste. Das machte diese Schlüsselstelle mental sehr herausfordernd, schließlich blickte man direkt in sein Verderben! 😰 Hinzu kam außerdem, dass man in einem ungünstigen Winkel zur Platte auf der anderen Seite stand. Das macht die Sache nicht zwingend leichter.

Zuerst versuchte ich tatsächlich einen weiten Schritt auf die abschüssige Platte auf der anderen Seite zu wagen, jedoch waren die Griffe mehr wie Sloper (für Nicht-Boulderer: das sind Griffe ohne wirklichen Halt, bei denen man die Hand nur auflegen kann) und der Tritt abschüssig, so dass ich mich nicht weit genug vorwagte. Es hätte mindestens noch ein halber Meter gefehlt. 
Also hieß es: Kommando zurück und die Nerven sammeln! Statisch würde sich diese Hürde für mich nur schwer lösen lassen, also blieb mir nur eins übrig: SPRINGEN!!! 😱😵
Einen beherzten Sprung später stand ich bombenfest auf der gegenüberliegenden Seite und konnte erst beruhigt aufatmen.
Die Sprungstelle von der anderen Seite. Der Pfeil markiert den Spreizschritt bzw. Sprung.
DF tat es mir gleich und übersprang den Schritt "einfach". 😅 
Natürlich haben wir diese Stelle auch gefilmt und in Bewegung macht sie direkt mehr her. Seid also gespannt. 😆

Weiter ging es durch eine kleine Rinne, ehe die Markierungen steil nach links über große Platten nach oben führten. Diese Stelle nutzten wir für eine kurze Pause, bevor es zum Endspurt ging. 
Feine Platten-Kletterei. 😍
Das Gipfelkreuz rückt immer näher! 
Ein wenig Unfug am Fels. 😂 Findet noch jemand, dass die Felsformationen wie ein Daumen nach oben aussieht? 😅
Die Felsformationen im oberen Teil wurden immer bizarrer, dafür wurde das Gelände einfacher. Ausgetretene Trampelpfade führten eindeutig durch den Schotter am Hang entlang. Über diese Pfade umwanderten wir den Gipfel ein Stück, ehe wir uns von der Rückseite annäherten. 
Feine Trampelpfade führten durch den Schotter.
DF am letzten Aufschwung. 
Gegen 14:00 Uhr hatten wir den Gipfel der Vorderen Brandjochspitze und damit unser Tagesziel erreicht. Zuerst hatten wir noch damit geliebäugelt, der Hinteren Brandjochspitze ebenfalls einen Besuch abzustatten, verwarfen diese Idee jedoch wieder, da uns sonst die Zeit bis zur letzten Bahn knapp zu werden drohte. 
Ein Stoffelhund auf der Vorderen Brandjochspitze. 🐕
Da unten müssen wir noch hin - zur Seegrubenbahn (gelber Pfeil). 
Beim Abstieg zeigte das Karwendel wieder seine altbekannte Seite: besten Brösel. 😅 Die ersten hundert Höhenmeter legten wir über den Julius-Pock-Klettersteig (A/B) zurück. An einigen Stellen war das Drahtseil durchaus hilfreich, da der Fels entweder blank poliert oder voller Geröll war. Auch wenn wir manchmal rätselten, wie und warum die Verankerungen in diesem Schutthaufen überhaupt noch hielten!? 😶
Feinster Karwendel-Brösel. 😅
DF beim Abstieg.
Unsere nächste Station war der Frau-Hitt-Sattel, auf dem auch der zweite Abschnitt des Innsbrucker Klettersteigs endete. Ab diesem Zeitpunkt schien die Bergstation in greifbarer Nähe, doch konnte die Perspektive einen täuschen.
Die steilen Serpentinen zum Frau-Hitt-Sattel.
Über den Schmidthubersteig ging es in der prallen Nachmittagssonne wieder quer am Hang zurück, wobei wir einige Leute überholten, die zuvor vom Klettersteig gekommen waren. DF fand auf diesem letzten Abschnitt übrigens tatsächlich noch Spitzwegerich für meinen Wespenstich, der inzwischen wieder bösartig zu schmerzen begonnen hatte. 😖
Na, das klingt doch nach was für uns! 😅
An Markierungen mangelte es auch hier nicht. 
Eine knappe Stunde später gegen 16:00 Uhr hatten wir die Seegrubenbahn nach insgesamt 9 km Wegstrecke und 800 Höhenmeter im Auf- und Abstieg wieder erreicht.
Ohne Probleme erwischten wir die nächste Gondel und erlebten im Anschluss die kurzweiligste Gondelfahrt unseres Lebens: gemeinsam mit uns war die Gruppe Gsollberg Musi eingestiegen, die zuvor im Außenbereich des Restaurants mit Tiroler Volksmusik für Stimmung gesorgt hatten. 
Kaum war die Gondel losgefahren, packten sie ihre Instrumente aus und spielten die gesamte Fahrt über durch. Eine Party-Gondel dieser Art hatten wir auch noch nie erlebt. 😆 Vielen Dank an Gsollberg Musi für dieses kurzweilige Vergnügen! 😁

Das Video zur Tour findet ihr hier: Mutprobe: Vordere Brandjochspitze Südgrat 😀 

Fazit zur Tour: 
Der Südgrat der Brandjochspitze hat den Reiz, dass man ein Abenteuer erleben kann und dank der Bahn nur überschaubare Höhenmeter (800 im Auf- und Abstieg) zurücklegen muss. 😉 Die ganz Harten können natürlich auch gerne vom Tal aus starten. 😜
Die Querung zu Beginn bot fantastische Aussichten und der anschließende Grat war sehr abwechslungsreich. Eine Schlüsselstelle, wie diesen Sprung, hatten DF und ich noch nie gehabt. Insgesamt fanden wir, dass man einige Probleme gut mit Bouldertechniken lösen konnte. 😅
An den entscheidenden Stellen war der Fels, untypisch für das Karwendel, meist bombenfest, was sehr angenehm war.
Die Orientierung war dank der Markierungen zudem auch kein Problem. 😄
Für Kletteranfänger ist der Grat auf der einen Seite eine interessante Route, auf der anderen Seite jedoch nicht versichert. Ich habe auf der gesamten Strecke nur einen alten Schlaghaken gesehen. Stände müssten folglich selbst gebaut werden. Wer etwas Klettererfahrung und Mut mitbringt, kann den Südgrat problemlos free solo gehen, was auch die übliche Art der Begehung sein dürfte.
An einem heißen Sommertag lässt es sich auf dem Südgrat jedoch nur aushalten, wenn es bewölkt ist. Das hat uns an diesem Tag den Allerwertesten gerettet. 😅🥵
Alles in allem handelt es sich bei dem Südgrat zur Vorderen Brandjochspitze um eine entspannte Halbtagestour mit einigen coolen Klettereinlagen und dem gewissen Abenteurer-Bonus. 😁

Bis zur nächsten Schandtat,

Eure Katharina 😊

P.S.: Wegen des Wespenstichs musste ich am nächsten Tag übrigens doch noch in die Apotheke fahren, da mein Unterarm fast doppelt so dick angeschwollen war, wie er normalerweise war. 😟 Danke an die netten Apothekerinnen in Krün für die unkomplizierte Beratung und Hilfe. 😊

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