Samstag, 7. Juli 2018

Klettersteig-Tripel (Seeben-, Tajakante- und Coburger Klettersteig) - Kein "Mimimi" in der Mieminger Kette ;)


Hi! 😀

DF und ich haben den Juni ganz "entspannt" mit einer Tour nach Ehrwald (Tirol) ausklingen lassen - wenn man es denn so nennen kann. 😂
Da der Wetterbericht mehr als gut klang, hatten wir uns entschlossen am 29.06.18 nach Tirol zu starten. Wir waren wegen dem ferienbedingten Verkehr extra früher gefahren, was uns leider nicht viel brachte. In der Baustelle bei Würzburg (wo sonst?) hatte es gekracht und eine wunderbare Vollsperrung war das Resultat. Mit mehr Glück als Verstand schafften wir es noch von der Autobahn und tuckerten im Anschluss über winzige Landstraßen und verträumte Dörfer, bis wir eeendlich die A7 in Richtung Kempten erreichten. Was für ein Start...!

Den Rest der Strecke legten wir ohne weitere Störungen zurück, so dass wir gegen 19:00 Uhr unseren Parkplatz unterhalb der Ehrwalder Almbahn erreichten. Inzwischen war es schon Routine, das Auto für die Nacht herzurichten und so hatten wir noch genügend Zeit, um unseren Weg für den Folgetag zu erkunden. 
Wir hatten uns mit dem Seebenklettersteig, dem Tajakante-Klettersteig und dem Coburger Klettersteig schließlich ganz schön was vorgenommen und wollten nicht bereits am Beginn Zeit verschenken. 


Seebenfall (Pfeil) und grober Verlauf des Klettersteigs (gelbe Linie)




Am Gaisbach entlang marschierten wir gute 200 Höhenmeter nach oben zum Einstieg des Seebenklettersteigs. 
An einer Stelle am Bach teilte sich der Weg: Die Beschilderung zum Klettersteig zeigte nach links am Bach entlang, nach rechts ging es steiler nach oben in Richtung der Hohen Gänge. Es empfiehlt sich hier sich rechts zu halten und bei einer Abzweigung direkt hinter dem Aufschwung nach links zu gehen. Dadurch erspart man sich einiges an Wegstrecke beim Aufstieg.

Etwa eine 3/4-Stunde später standen wir am Einstieg. Neben uns rauschte der Seebenbach, der vom eindrucksvollen Seebenfall über unseren Köpfen gespeist wurde, donnernd ins Tal. 


Seebenbach

Seebenfall
Beim ersten Anblick des Klettersteigs bekam ich ziemlich Bammel. Bis dato war ich maximal Klettersteige der Schwierigkeit D gegangen oder hatte mich durch sehr kurze E-Stücke hindurch gequält und das alles auch nie in den Alpen und ohne einen schweren Wanderrucksack auf dem Rücken.
Dementsprechend musste ich ganz gut schlucken, als ich die steilen und glatten Wände des Seebensteigs vor mir sah. Hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch gehadert, ob es nötig sein würde, fiel in diesem Moment die Entscheidung, dass ich meine Kletterschuhe mitnehmen und nutzen würde. 
DF konnte natürlich nicht widerstehen und kletterte die ersten paar Meter ohne Kletterset und mit Trailrunning-Schuhen nach oben. Manchmal hat es etwas Deprimierendes mit ihm unterwegs zu sein...😅


Einstieg Seebenklettersteig

Gerade noch im Hellen haben wir es zum Auto zurück geschafft. Doch ein kleines "Hindernis" ließ uns nicht direkt schlafen:
Wir hatten es uns gerade unter den Decken im Kofferraum gemütlich gemacht, als ein Glühwürmchen (!) ins Fahrzeuginnere flog und brav vor sich hin leuchtete. Die nächsten paar Minuten waren wir damit beschäftigt das arme Tier wieder aus dem Auto zu bekommen. Danach stand einer guten, wenn auch knappen, Nachtruhe nichts mehr entgegen.

Um 04:00 Uhr (😵) klingelte der Wecker uns aus dem Bett. Nach den letzten Vorbereitungen ging es um 04:50 Uhr los und eine knappe Stunde später standen wir wieder am Einstieg des Seebenklettersteigs, der uns die nächsten 250 hm nach oben bringen sollte.


Morgendliches Panorama mit Daniel (links) und Zugspitzmassiv (rechts)
Sonnenaufgang 😍
Bereits bei den ersten Zügen war ich dankbar für meine Kletterschuhe, denn es ging ziemlich steil und trittarm hinauf. Zum "Aufwärmen" fand ich diesen Anfang schon ziemlich haarig und war froh, dass es danach etwas leichter weiter ging. Dadurch konnte ich doch ein paar Bilder machen und die Aussicht genießen, anstatt nur verbissen auf Fels und Drahtseil zu schauen.


Von dort kamen wir...
...und dort sollte es hinauf gehen.
Nach dem Wandbuch (anstelle eines Gipfelbuches) ging es zügig weiter zur eigentlichen Schlüsselstelle mit D/E.
Die Plattenstelle fand ich dank eines querverlaufenden Risses im Fels gar nicht sooo schlimm, aber der darauf folgende Überhang hatte es in sich. An diesem Punkt musste ich mich mehrfach meiner Rastschlinge bedienen, um kurz zu verschnaufen und die Lage zu sondieren. 
Gegen 07:35 Uhr war es geschafft und ich hatte den Seebensteig hinter mich gebracht! Dafür dass ich daran gezweifelt hatte, den Steig überhaupt zu schaffen, war ich mit mir ganz zufrieden. DF war - wie nicht anders zu erwarten - so gut wie ungesichert nach oben "geschwebt". 


DF am Seebensteig


Kurz unterhalb der Schlüsselstelle...😱
Nach meinen Kletterschuhen kamen mir meine (eigentlich sehr engen) Wanderschuhe wie der Himmel auf Erden vor. 😁 
Über den oberen Teil des Seebenbachs führte nach links ein kleiner Trampelpfad direkt zur Seebenalm auf 1566 m. 
Dort kamen wir mit dem Hüttenwirt kurz ins Gespräch. Er bekräftigte mich darin den Immensteig für den Abstieg ausgewählt zu haben, da die Hohen Gänge deutlich schwieriger seien. Vor einem Jahr sei dort auch erst ein Mann zu Tode gekommen. Ich kannte die Hohen Gänge lediglich im Aufstieg und die bloße Vorstellung sie nach unten gehen zu müssen, hatte mir nicht behagt. Diese Einschätzung noch einmal von einem Einheimischen zu hören, beruhigte mich dann zusätzlich.

Nach einer kleinen Sonnencreme-Pause setzten wir auf einem breiten Fahrweg ganz gemütlich unseren Weg zum Seebensee fort. Da wir dort sehr früh ankamen, hatten wir die gesamte Kulisse zum Fotografieren für uns. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wenn man vor dem grünlich schimmernden, klaren See steht, in dem sich die Ehrwalder Sonnenspitze spiegelt. 😍


Seebensee-Panorama mit Ehrwalder Sonnenspitze 
Seebensee

Seebensee mit Zugspitzmassiv
Zügig ging es danach weiter zum Tajakante-Klettersteig. Den Einstieg erreichten wir gegen 09:30 Uhr. Der Weg bis zum Einstieg auf 1.850 hm ist unproblematisch. Interessant war lediglich ein kleines, schwarzes "Terror"-Lamm, das tatsächlich eine halbe Stunde lang ununterbrochen in einer Lautstärke blökte, das es überall widerhallte. 

Wir stärkten uns noch einmal, ehe wir die Klettersachen wieder anlegten. Dieses Mal behielt ich meine Wanderschuhe an. Die Tajakante wollte ich nach Möglichkeit ohne den Einsatz von Kletterschuhen bewältigen. 
Unser Ziel, der Vordere Tajakopf, lag mit 2.450 hm noch etliche Meter über uns und keiner von uns beiden hatte so eine wirkliche Vorstellung davon, was uns erwartete. Wann geht man auch dermaßen lange Klettersteige?

Der Einstieg war mit B/C und C schon direkt knackig und damit eine gute Abschreckung für Übermütige. Im Anschluss an den Seebensteig kam es mir jedoch ziemlich entspannt vor. 😅


Einstieg Tajakante
Es folgten gute vier Stunden auf einem abwechslungsreichen Klettersteig der Extraklasse. Von überhängenden und stark ausgesetzten Passagen, bis zu angenehmem Gehgelände war praktisch alles dabei. Es gab viele Stellen, um überholen zu lassen, was bei dem Andrang auch notwendig war. Obwohl ich sagen muss, dass wir noch Glück gehabt haben, denn wären wir nur eine Stunde später gestartet, hätten wir förmlich im Stau gestanden. 


Mal abhängen
Rückblick mit Einstieg (Pfeil)


Coburger Hütte und Drachensee

An einigen Stellen mit starkem Überhang kam meine Rastschlinge wieder zum Einsatz, so dass ich mich ohne Probleme nach oben basteln konnte. An den anspruchsvolleren Stücken ist der Fels sehr trittarm, so dass er einem einiges an Zugkraft in den Armen abverlangt. 


Wer braucht schon Tritte...?
Ehrwalder Sonnenspitze
Rückblick zum Seebensee
Da ich am Mittenwalder Höhenweg zeitweise Probleme gehabt hatte meine Rastschlinge aus der Materialschlaufe zu bekommen, da mein Hüftgurt vom Rucksack direkt darüber gelegen und sie so blockiert hatte, hatte ich mir für diese Tour etwas einfallen lassen. Die Lösung für diese Widrigkeit war ganz simpel: Ich habe einen zusätzlichen Karabiner in die Materialschlaufe eingehängt. Dieser hing dann tief genug, um nicht vom Hüftgurt blockiert zu werden. So konnte ich ganz bequem mein Klettersteigset und meine Rastschlinge ein- und aushängen. 😊


Mein neues Patent 😊
Die letzten Meter...


...haben es nochmal in sich! 
Um 13:40 Uhr hatten wir endlich unser höchstes Ziel, den Vorderen Tajakopf, auf 2.450 m erreicht. Leider war der Gipfel ziemlich voll, so dass wir nach einer Mini-Pause und ein paar Fotos weiterzogen. 
Insgesamt war der Tajakante-Klettersteig ein echtes Erlebnis, da der Steig in sich SEHR abwechslungsreich war und dabei noch phantastische Ausblicke bot. Für Anfänger ist der Klettersteig aber keinesfalls zu empfehlen, da auch hier einige heftige D-Stücke und auch eine Stelle mit Schwierigkeit D/E auf den mutigen Kletterer warten. Doch vor allem die schiere Länge ist es, die einen ganz schön zermürben kann.

Der Abstieg ins Vordere Tajatörl war ziemlich eklig - recht steil und vor allem im unteren Teil sehr schottrig. Als wir das Törl endlich erreichten, konnten wir gerade noch eine Paragliderin sehen, die genau in diesem Moment startete. Sie und ihr Freund hatten ihre Paragliding-Schirme über den Klettersteig (!!!) nach oben geschleppt, um ins Törl abzusteigen, damit sie dort starten konnten. Das nenne ich eine Leistung! 😮 Falls ihr beiden das lest; ich hoffe, ihr seid gut im Tal gelandet! 😉


Interessante Formationen im Vorderen Tajatörl
Im Gegensatz zu den meisten, die an dieser Stelle bereits in Richtung der Coburger Hütte abstiegen, stiefelten wir noch einmal etwa hundert Höhenmeter nach oben, bis wir am Einstieg zum Coburger Klettersteig standen. Dieser Klettersteig führt praktisch direkt auf den Gipfel des Hinteren Tajakopfes. Er überwindet "nur" 90 hm, aber die dafür durchgängig mit einer Schwierigkeit von D/E. 😱
Und es war ja nicht so, als ob wir nicht schon zwei Klettersteige in den Armen gehabt hätten. Dementsprechend hatte ich ziemlich Bammel, ob ich den Coburger Klettersteig überhaupt schaffen würde. Auf den ersten Blick fiel mir auf, dass die Stifte für das Seil sehr weit auseinander angebracht waren. Das bedeutete, dass ich bei einem Sturz an einer blöden Stelle ziemlich tief und weit stürzen würde. Diese Vorstellung war nicht gerade beruhigend...

Coburger Klettersteig - das dicke Ende! 😰
Am Einstieg wartete eine junge Frau auf ihren Freund, da sie nur ein Klettersteigset dabei gehabt hätten und er den Steig nach oben gegangen sei. Sie hätte mich bei meinem Einstieg in den Steig (Überhang!) nicht gestört, wenn sie ein paar Meter zur Seite gegangen wäre! 😣 
Langsam bastelte ich mich also nach oben und genau in dem Moment, in dem ich merkte, dass ich eine Pause brauchte und ich nach meiner Rastschlinge tastete, tauchte der besagte Freund oben auf und kam mir doch tatsächlich entgegen?! Soviel also zu meiner Verschnaufpause - und die Stelle, an der ich stand/hing, war definitiv nicht geeignet, um aneinander vorbei zu klettern! Wieder zurück konnte und wollte ich auch nicht, also blieb mir keine große Wahl. 
Wenn mich jemand im Nachhinein fragen würde WIE ich es nach oben geschafft habe, kann ich nur dazu sagen, dass ich es nicht mehr weiß. Ich würde sagen, dass es eine Mischung aus Sturheit und Verzweiflung war. 
Fakt ist jedenfalls, dass ich es an diesem Typen vorbei und ohne einzige Pause nach oben geschafft habe. Danach musste ich erstmal auf DF warten, der den Gegenverkehr erst hatte abklettern lassen. Und diese kurze Pause hatte ich auch mehr als nötig...😅


DF beim Ausstieg vom Coburger Klettersteig

Rückblick zum Vorderen Tajakopf mit viel Schotter...
Um etwa 15:15 Uhr erreichten wir nur wenige Meter später unseren zweiten Gipfel, den Hinteren Tajakopf mit 2.409 m. Ich war fix und fertig, aber stolz wie Oskar! Ich hatte alle drei schweren Klettersteige tatsächlich geschafft! Yeah! 😊
Auf dem Hinteren Tajakopf hatten DF und ich komplett unsere Ruhe. Wir konnten beobachten wie sich auf dem Vorderen Tajakopf die Menschenmassen tummelten, während wir gaaaanz entspannt Kekse futterten, uns im Gipfelbuch verewigten und die Kletterausrüstung ablegten. 


Drei Stoffel auf dem Hinteren Tajakopf
Wir machten uns kurz darauf schon an den Abstieg, da immer wieder dichtere Wolkenfelder über das Areal zogen und wir keine Lust hatten, in ein Gewitter zu geraten. Der Weg bis zum Drachensee direkt bei der Coburger Hütte war zwar nicht unschwierig, aber relativ unspektakulär. 
Der Drachensee dagegen war umso eindrucksvoller - je nach Wind und Licht schillerte er alle paar Minuten in anderen Farben, so dass man mit dem Fotografieren gar nicht hinterher kam. 


Drachensee
DF und ich kehrten für einen Apfelstrudel auf der Coburger Hütte ein, aber der dortige Betrieb hatte durchaus etwas von Massenabfertigung. Es war nicht schlecht, aber wir hatten schon deutlich schönere und angenehmere Hütten auf unseren Routen. 

Gegen 17:45 Uhr marschierten wir dann frisch gestärkt los zum Immensteig, der uns ins Tal bringen sollte. Die Fahrstraße zur Alm wäre natürlich einfacher gewesen, aber ein Umweg von mindestens einer Stunde. Bis auf einige steile versicherte Stellen lässt sich der Steig auch sehr gut laufen und spätestens ab einem sehr markanten Baum ist es ein gemütlicher Trampelpfad durch den Wald. 😋


Markanter Baum am Immensteig 😂
Um 20:50 Uhr waren wir zurück am Auto und vollkommen erschlagen nach den etwa 14 km, die wir in der Mieminger Kette zurückgelegt hatten. 


Ehrwalder Almbahn mit Sonnenuntergang 

Fazit zur Tour:
Die Tour ist definitiv nicht für Leute zu empfehlen, die im Bereich Klettersteig Einsteiger sind. Eine gewisse Erfahrung, Armkraft, Kondition und auch Balance am (nicht auf dem) Drahtseil sind durchaus hilfreich! Wer diese Komponenten mitbringt, wird eine Menge Freude an den drei Klettersteigen haben. 
Insgesamt war die Tour knallhart und man sollte nicht meinen, dass man viel Strecke macht, nur weil man die meiste Zeit am Klettersteig geht. Es empfiehlt sich auf jeden Fall früh zu starten, um unnötige Staus an den Klettersteigen zu vermeiden. 
Hatte ich erst noch gehadert, ob ich Kletterschuhe am Seebensteig anziehen sollte, bin ich im Nachhinein gottfroh, dass ich mich dafür entschieden hatte. Sie haben mir das Leben bei diesem anspruchsvollen Einstieg doch sehr erleichtert. 
Mein Patent mit dem zweiten Karabiner funktionierte tadellos! Ich hatte nie Probleme die Rastschlinge oder das Klettersteigset einzuklinken oder rauszubekommen. 
Apropos Rastschlinge; die war Gold wert und ist mir spätestens nach dieser Tour durch und durch heilig. 
Und dann hat die Tour mich noch gelehrt, dass ich mehr kann, als ich selbst dachte. Ich hatte ziemlichen Bammel vor den schweren Klettersteigen, aber laut DF habe ich sie "mit Bravour" gemeistert. Ich habe gemerkt, dass ich manchmal nur Zeit brauche, um die Lage in Ruhe zu sondieren und dann ging es auch immer weiter. 😃

Bis zur nächsten Schandtat!

Eure Unlimited

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