Sonntag, 24. Juni 2018

Sieben auf einen Streich? - Mittenwalder Höhen- und ein Irrweg


Hi! 😉

Man wird es kaum glauben, aber es hat DF und mich letztes Wochenende mal wieder in die Berge gezogen. Dieses Mal war unser Ziel der Mittenwalder Höhenweg. 
Es handelt sich hierbei um eine Gratwanderung, die großteils als Klettersteig (Schwierigkeit A/B) versichert ist. Üblicherweise beginnt man die Tour ab der Bergstation der Karwendelbergbahn, nachdem man auf etwa 2.200 m geschwebt ist. Von dort aus geht es zur Nördlichen Linderspitze und dann immer den Steig entlang bis zum Brunnsteinanger, wo ein langwieriger Abstieg ins Tal wartet.

Da DF und ich beide unglaublich gerne mit dem Strom schwimmen, hatten wir beschlossen die Tour genau anders herum zu gehen. Das bedeutete erst einmal einen Aufstieg von etwa 1.200 hm verteilt auf knappe acht Kilometer. 
Und da das noch nicht genug war, hatten wir den Spruch "Sieben auf einen Streich" als Motto für die Tour gewählt. Unsere Planung sah zunächst die fünf Gipfel auf dem Höhenweg, die Brunnsteinspitze und als Höhepunkt die Westliche Karwendelspitze vor. Die Betonung hierbei liegt auf "zunächst", aber das werdet ihr noch sehen. 😅

Für mich hatte die Tour noch eine ganz besondere Bedeutung, da ich mich bereits letztes Jahr ohne wirkliche Klettererfahrung am Mittenwalder Höhenweg versucht hatte. Aufgrund der heißen Witterung waren mir schon nach zwei Dritteln des Weges die Wasservorräte ausgegangen, weshalb ich die Tour damals über den Heinrich-Noe-Steig abkürzen/abbrechen musste. Ein zweites Mal wollte ich wirklich nur ungern scheitern.

Am Freitag, den 15. Juni, ging es für uns also wieder in Richtung Süden - dieses Mal mit deutlich vollerem Kofferraum, da wir an die Matratzen gedacht hatten. 😇 


Dieses Mal haben wir dran gedacht...


Relativ staufrei kamen wir gegen 18:30 Uhr in Mittenwald am Fuße des Karwendels an. Die einzig wirkliche Verzögerung gab es kurz am Ortseingang von Garmisch-Partenkirchen, da sich dort durch den am Folgetag startenden Zugspitz Trail eine Unzahl von Autos angesammelt hatte. 
Nach der langen Autofahrt gönnten wir uns einen Spaziergang durch die Leutascher Klamm / Geisterklamm, die man auch von Mittenwald aus erreichen kann. Durch die langen Tage war das gar kein Problem. 

Auf dem Weg zur Klamm konnten wir schon Teile unserer Route für den nächsten Tag sehen. Dabei fiel uns ein Gipfel auf, welcher der Nördlichen Linderspitze vorgelagert war. Ein wenig Recherche später hatten wir den Gipfel als Gerberkreuz identifiziert. Üblicherweise steigt man über die Mittenwalder Hütte mit einiger Kletterei auf das Gerberkreuz auf und nutzt zum Abstieg Trampelpfade, die zum Mittenwalder Höhenweg und damit zur Karwendelbahn führen. DF und mich reizte das Abenteuer und so strichen wir die Brunnsteinspitze aus unserer Tourenplanung, um stattdessen auf die Suche nach dem Weg zum Gerberkreuz zu gehen. So hatte sich durch den kurzen Weg zur Klamm bereits die Routenplanung für den Folgetag grundlegend verändert.


Das imposante Karwendelgebirge

Der Einstieg zur Klamm selbst ging erst einmal steile 60 hm in Serpentinen nach oben, bis man über einige Trampelpfade schließlich zu den künstlich angebrachten "Wegen" kam. Im Gegensatz zur Partnach- oder Höllentalklamm kann man in der Geisterklamm nicht einfach auf Fels am Rand laufen. Stattdessen wurden komplette Stahlkonstruktionen am Berg selbst angebracht, die an diesem entlang laufen. Man bewegt sich also die ganze Zeit über dem Abgrund, was auch ein einmaliges Erlebnis ist. 


"Weg" durch die Klamm

Da geht es ganz gut runter...

In der Klamm gab es einige Erlebnis-Stationen und der Klammgeist hat uns beiden einen gehörigen Schrecken eingejagt. Die Klamm ist auf jeden Fall einen Besuch wert und hat ihren ganz eigenen Charme. 


Der Klammgeist

Zwei Stoffel in der Geisterklamm

Nach knappen zwei Stunden waren wir wieder zurück am Auto und fuhren zu unserem Wanderparkplatz in Nähe der Karwendelbahn-Talstation. Dort standen schon einige andere Camper, aber wir fanden noch einen passablen Platz für die Nacht. Dank der Matratzen, der Bierzeltgarnituren (siehe Gehrenspitze-Ostgrat-Tour), der Wollsocken uuund ausreichend Decken war diese Nacht deutlich angenehmer als in Reutte ein paar Wochen zuvor. 😉

Am Samstagmorgen ging es pünktlich um 05:00 Uhr los. Dank der kühlen Temperaturen war der erste Anstieg bis auf etwa 1.200 m zum Einstieg des Leitersteigs sehr angenehm zu gehen. 


Blick vom Leitersteig und ganz links die Große Arnspitze

Über den Leitersteig umgingen wir praktisch sämtliche Linderspitzen über uns, um dann über den Brunnsteinsteig wieder an Höhe zu gewinnen. Der Leitersteig hatte bis vor vielen Jahren noch tatsächlich Leitern, um die Sulziklamm und den Sulzlibach zu überqueren. Seit einem Blitzeinschlag befindet sich dort aber eine wunderbare, wippende und wacklige Hängebrücke. 


Über sieben Brücken musst du gehen...

....nein, zum Glück nur über eine!

Kurz vor der Brunnsteinhütte (1.560 hm) sahen wir ein Warnschild, das uns stutzen ließ: "Vorsicht vor dem freilaufenden Esel!" und tatsächlich oben an der Hütte trottete ganz gemütlich der Esel Frederiko seiner Wege - meist verfolgt von quietschenden Kinderhorden. Ich glaube, dass DF ihm da ein angenehmerer Zeitgenosse war. 😋


Zwei Esel an der Brunnsteinhütte 😂
 
Esel-Panorama

Nach einem Frühstücks-Zwischenstopp an der Brunnsteinhütte (Kakao, Cappuccino und der selbstgemachte Kuchen dort sind ein Traum! 😍) ging es weiter in Richtung Brunnsteinanger, den wir um etwa 11:00 Uhr erreichten. Trotz der kühlen Temperaturen brannte die Sonne inzwischen ganz ordentlich und wir mussten uns ordentlich mit Sonnenschutz einschmieren. 
Ein paar Fotos vom Brunnsteinanger später ging es schließlich auf den Mittenwalder Höhenweg. 


Ein Youtuber am Brunnsteinanger

Little Stoffel am Brunnsteinanger


Brunnsteinanger-Panorama
Der Einstieg ist noch sehr human und angenehm zu laufen. Dadurch, dass wir entgegen der Hauptlaufrichtung unterwegs waren, mussten wir jedoch an einigen Stellen ziemlich lange warten, bis wir weitergehen konnten. Diese "Zwangspausen" konnten wir aber gut für Photo- und Videoaufnahmen nutzen. 


Einstieg Mittenwalder Höhenweg

Bei unserem ersten Gipfel, dem Kirchlespitz (2.303 m), blieb ich auf dem Hauptweg, während der klettersüchtige DF den unmittelbaren Weg nach oben wählte. Jedem das seine...😝


Wenn die Sucht ruft...
Zwischen Kirchlespitz und Sulzliklammspitze (2.323 m) hatten wir noch eine sehr amüsante Begegnung. DF und ich "trotte(l)ten" so unseres Weges, als aus einer Gruppe junger Männer auf einmal einer sagte "Hey, du bist doch der DF von Youtube". 😂😂😂 Nachdem die Begegnung auch fürs Video festgehalten war, verabschiedeten wir uns wieder von Kevin, Andi, Tim und Tom und gingen weiter zur Sulzliklammspitze, auf der ganz schön Betrieb herrschte (siehe auch den Beitrag in DFs Youtube Community). 

Sulzliklammspitze Gipfel

Panoramablick in Richtung Wetterstein

Der weitere Weg tiiief unter uns
Gipfel Nummer Zwei hatte den "herrlichen" Nachteil, dass man den Grat nicht unmittelbar weitergehen kann, sondern alles erst weiträumig umgehen muss, damit man wieder auf die passende Höhe kommt. Und der Abstieg ziiiiieht sich... Vorbei am Notbiwak am Gamsanger ging es weiter zum Gipfel Nummer Drei: der Südlichen Linderspitze (2.306 m). 


And down it goes...!

Spaß beim Abstieg 😁
Ab der ersten Linderspitze wurde das angenehme Genuss-Gehgelände auch weniger und es ging links und rechts vom Weg schon ordentlich in die Tiefe. Was DF aber nicht davon abhielt, kurz vor der Mittleren Linderspitze etwas "Spaß" zu haben: 


Don't do this at home! 
Die Mittlere Linderspitze (2.239 m) wurde zu meiner persönlichen Schlüsselstelle, denn dort ist alles voller L.E.I.T.E.R.N.! 😱 ...und es gibt kaum etwas, womit man mich mehr quälen kann. Ich hasse Leitern! Leitern nach oben, Leitern nach unten und natürlich noch dabei gefilmt werden - vielen Dank, DF! 😝


Alles voller Leitern! 😱
Nach der Mittleren Linderspitze ging es aus einem Sattel in Serpentinen stetig nach oben. Ab diesem Punkt begann auch die Suche nach dem Einstieg zum Gerberkreuz. 


Blick zum Gerberkreuz
DF hatte erste Hinweise auf den Weg zum Gerberkreuz in Form eines Steinmanns ziemlich schnell gefunden, doch dann taten sich Schwierigkeiten auf. Vom Gelände her gab es drei oder vier Möglichkeiten für einen Weiterweg - keine hob sich besonders ab und keine sah wirklich angenehm aus. Nach einigem Rumprobieren brachen wir den Versuch aufgrund des schottrigen und rutschigen Schrofengeländes ab. Es mag sein, dass man den Steig vom Gerberkreuz aus gut sieht, aber von unserer Perspektive aus, war dort einfach nichts zu machen. 
Auch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit (es war schon nach 16:00 Uhr) verabschiedeten wir uns von unserem siebten Gipfel. Die Bahn war für uns zwar so oder so nicht mehr erreichbar, da sie nur bis 16:30 Uhr fuhr - und nur bei gutem Wetter an Donnerstagen (warum nur da?!) länger fährt, aber wir hatten noch den gesamten Abstieg von über 1.400 hm vor uns und den wollten wir möglichst im Hellen bewältigen.

Nachdem wir uns auf den Normalweg zurückgekämpft hatten, war der restliche Weg bis zur Nördlichen Linderspitze (2.374 m) ein Klacks und wir hatten zumindest Gipfel Nummer Fünf. Von dort aus konnten wir auch bereits die Karwendelbergbahn erblicken, die zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr in Betrieb war. 


Blick zu Karwendelbahn und Westlicher Karwendelspitze
Die letzten Meter bis zum Einstieg des Karwendelklettersteigs konnten wir auf angenehm breiten Wegen zurücklegen, die in der Nähe der Bahn für die Vielzahl an Touristen angelegt sind. 
Etwa zwölf Stunden nach Tourbeginn hatten wir den schwierigsten Klettersteigteil für diesen Tag erreicht. Der Beginn des Steiges ist nämlich eine wunderbar trittarme Traverse mit Schwierigkeitsgrad C. Nach einigem Hin und Her war dieser Part auch überwunden und wir standen auf der Westlichen Karwendelspitze (2.385 m). 


Einstieg Karwendelklettersteig
Karwendelklettersteig-Mittelteil
Drei Stoffel auf der Westlichen Karwendelspitze
Um 17:45 Uhr machten wir uns über den Normalweg an den Abstieg zur Bergstation der Bahn und von dort aus über das Dammkar weiter in Richtung Auto. Der Weg durch das Dammkar selbst ist sehr karg und eintönig und von der Wegfindung her schwierig, da die roten Markierungen häufig schon verblasst sind. Es ist weder im Aufstieg, noch im Abstieg sonderlich angenehm zu laufen. 

Blick nach oben zur Bergstation

Blick nach Mittenwald vom Dammar

Abstieg Dammkar
Bis zur Mittenwalder Hütte (1.518 m) blieben die Wege sehr steil, schottrig und mit einem Wort einfach nur eklig. Es war ein regelrechter Segen ab der Hütte auf breiteren Pfaden im Wald zu laufen, auf denen wir ordentlich Tempo machen konnten. So schafften wir es tatsächlich noch im letzten Tageslicht um 22:00 Uhr zurück zum Auto. 😊


Abendrot 😍
Aus unserer "Sieben-auf-einen-Streich"-Tour ist zwar leider nichts geworden, aber die Anstrengung beim Abstieg kann locker mit einem siebten Gipfel gleichziehen und die Westliche Karwendelspitze bei "fair means" geschafft zu haben, hat durchaus etwas für sich. 


Fazit zur Tour: 
2000 hm im Auf- und Abstieg auf über 18 km verteilt auf 17 Stunden! Hammerhart, anstrengend, aber einfach nur klasse!
Ich habe für mich das dumme Erlebnis am Höhenweg vom Vorjahr durch ein äußerst positives austauschen können. 😁
Die Aussichten vom Höhenweg und auch von der Westlichen Karwendelspitze waren ein wahrer Traum. Dadurch dass ich im Klettern mit der Zeit sicherer geworden bin, konnte ich diese Ausblicke dieses Mal viel mehr genießen. 😍
Der Klettersteig an sich ist nicht sooo schwer und anfängergeeignet, allerdings erfordert der Zustieg bzw. der Abstieg eine gute Kondition. 
Die Tour war abwechslungsreich und hat mir sehr viel Spaß gemacht - und mit dem Gerberkreuz haben wir noch eine Rechnung offen. 😒


Das Video von DF, das demnächst folgen wird, werde ich hier natürlich verlinken. 


Das war es auch schon wieder! Bis zur nächsten Schandtat!

Eure Unlimited

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