Freitag, 8. Juli 2022

Hochwannig-Nordgrat und Handschuhspitzen-Überschreitung - einsame Panorama-Tour

Hi! 😁

Ihr kennt das sicher, wenn man gewisse Dinge erst einmal angefangen hat, ist es nicht mehr so leicht wieder aufzuhören. 😂
Eigentlich hatten wir für unseren Urlaub keine weitere Tour geplant, aber dann kam Alex. 😜 DF und ich waren gerade erst vom Frieder zurück gekommen, als Alex uns erzählte, dass er am kommenden Wochenende gemeinsam mit Andy auf den Hochwannig wollte. Daraus entstand bei uns die fixe Idee eine eigene Tour in dieser Gegend zu basteln, auf der wir ihnen entgegenlaufen würden. 😁
Ein Teil des Nordgrats mit dem Ehrwalder Becken. 
Ob es zum "spontanen" Gipfeltreffen kam und ob unsere DF-Bonus-Runde geklappt hat? Lest selbst! 😉

Vorab ein paar allgemeine Informationen zu den Tourenmöglichkeiten am Hochwannig. Es handelt sich bei dem Hochwannig oder auch "nur" Wannig um den westlichsten Gipfel in der Mieminger Kette. Der Gipfel ist 2.493 m hoch und über einen Grat direkt mit den drei Handschuhspitzen verbunden. Alle vier Berge oberall der Fernpass-Seen stehen ein wenig abseits der "Großen" der Mieminger Kette, von denen sie durch das Marienbergjoch getrennt sind. Üblicherweise erfolgt die Tour als Überschreitung von Ost nach West oder umgekehrt. Für die etwas verwegeneren Bergsteiger gibt es als dritte Variante den weglosen Aufstieg über den Nordgrat, der in Schwierigkeit maximal UIAA I-II erreicht, wobei der Mieminger Brösel-Faktor noch nicht eingerechnet wurde. 😅 Tja, und was bietet sich besser als DF-Bonus an, als ein wegloser Grat? 😂
Beste Aussicht zum Schlafen. 😴
Start war für uns am Parkplatz Weißensee in der Nähe von Biberwier auf etwa 970 m Höhe. Auch wenn sich der Parkplatz idyllisch anhört, ist der See tabu. Der Weißensee ist in Privatbesitz und Schwimmen etc. sind verboten. 😶
Nach einer ungewöhnlich warmen Nacht mit direktem Blick auf die Zugspitze ging es am Morgen des 16. Juli 2022, um 05:00 Uhr, für DF und mich los.

Direkt nach dem Kuhgatter am Parkplatz folgten wir dem linken, breiten Weg, der  sich wenige hundert Meter weiter nach einem scharfen Linksknick verschlankte. Dort fanden wir die romantischste Pausenbank aller Zeiten - direkt unter einem Strommast. 😐
Pures Idyll...😂
Wir querten die dortige Wiese und bogen danach rechts ab in Richtung Alpgrat. Immer der Beschilderung folgend verließen wir kurz darauf den großen Forstweg und setzten unsere Tour auf einem schmalen Pfad fort. Pfiffig schlängelte sich der Weg nach oben, querte einige Male einen Bach (der uns am Nachmittag Abkühlung bringen sollte...) und umging umgestürzte Bäume, ehe wir den eigentlichen Alpgrat erreichten.
Bestens ausgeschildert.

Der lag irgendwie im Weg...

Ein schöner, kleiner Pfad. 😊
Der Alpgrat, der uns bis auf 1.600 m, bringen sollte, verdiente seinen Namen zu Recht. Auch wenn er unter der Baumgrenze lag, so ist er faktisch eine Gratschulter, die sich nach oben zieht und an der es links und rechts teilweise steil nach unten geht. Zwar gewannen wir auf diese Weise schnell Höhe, aber gleichzeitig war es trotz der frühen Stunde schon ziemlich anstrengend. DF erlaubte sich zwischendurch den Spaß und bestimmte mit einer Winkelmess-App die Steigung, die immerhin zwischen 30 und 40° lag. 😅 Auch wenn es keine große Aussicht gab, war der Grat landschaftlich sehr reizvoll und interessant zu gehen. 
Verhauen nicht möglich - immer geradeaus nach oben. 

Zum Glück gar nicht steil...😵

Das war schon so, als wir dahin kamen! 😂
Schließlich wurde das Gelände flacher und wir querten eine größere Lichtung, ehe wir auf 1.600 m das nächste Schild erreichten. Wir bogen nach rechts in Richtung Nassereither Alm ab und folgten den gut sichtbaren, roten Punkten. Zu Beginn querten wir ein wenig, ehe der Pfad sich im Wald auch stetig nach oben schraubte. 
Die erste Aussicht in Richtung Wamperter Schrofen und Marienbergspitze.

Nicht zu übersehende Markierungen.
Kurz vor unserem nächsten Etappenziel, dem Bergelesboden (ca. 1.800 m) war es so weit und die Sonne erwischte uns. 😅 Bis dahin hatten uns Wamperter Schrofen (den ich nur noch "Wampi" nannte 😂) und die Marienbergspitzen vor den sengenden Strahlen geschützt, aber dieser Luxus war nun vorüber. DF und ich machten kurz Pause und schmierten uns ordentlich mit Sonnencreme ein - es sollte der heißeste Tag der Woche werden. 
Backe, backe Bergsteiger im steilen Gras! 🥵🥵🥵
Kurz darauf verließ der Pfad die restlichen Bäume und zog in Serpentinen eine steile Wiese nach oben, an der wir den Punkt erkannten, ab dem es für uns weglos weiterging. Wir gingen noch ein kleines Stück geradeaus, ehe sich zu unserer Linken das Steilgras geradezu auftürmte. 
Blick zum Bergelesboden - etwa auf dieser Höhe haben wir den Weg verlassen. 

Da ging es in etwa im Steilgras hoch. 
Langsam stiegen wir in der steilen Grasrinne nach oben, in der uns die Sonne inzwischen unerbittlich brutzelte. Dabei war die ganze Zeit Vorsicht geboten, da am oberen Ende der Rinne ein Rudel Gämsen unterwegs war, das hier und da ein paar Steine in unsere Richtung beförderte. Die Gämsen verzogen sich nach einer Weile in unwegsameres Gelände und DF und ich quälten uns weiter voran.
Jetzt kommt auch der Wetterstein ins Bild beim Rückblick in Richtung Bergelesboden. 

DF (nicht) in seinem Element. 😂
Es empfiehlt sich erst in der Mitte zu bleiben und bei den Latschen leicht links auszuweichen, um dann wieder mittig aufzusteigen. DF hielt sich zu Beginn erst rechts, was bis zu einem gewissen Punkt angenehmer war, jedoch wurde das Gelände brüchiger und ausgesetzter, so dass es für ihn sehr unangenehm war wieder in die Mitte zu queren. 
Grober Verlauf meiner Route - steil, aber gut machbar. 
Das Steilgras endete in einer Kuppe, auf der eindeutige Pfadspuren den Weg wiesen und schon standen wir auf einem deutlich flacheren Wiesengrat - wir hatten den eigentlichen Nordgrat des Hochwannig erreicht. 😄
Nordgrat erreicht! 😎
Inzwischen war es 09:00 Uhr und DF und ich befanden uns auf knapp 2.200 m, so dass die Temperaturen durchaus erträglich waren. Nachdem sich der Weiterweg sehr eindeutig vor uns abzeichnete, nutzten wir die Gunst der Stunde und machten eine entspannte Frühstückspause mit traumhaftem Ausblick auf das Ehrwalder Becken. 😍
Der gutmütige Wiesengrat.
Danach ging es gemütlich auf dem breiten Wiesenrücken weiter. Die Steigung war  moderat und zu Beginn hätte die Breite auch locker für mehrere PKW gereicht, doch mit der Zeit wurde alles schmaler und steiler. Schließlich war der Grat so eng, dass DF und ich im Gänsemarsch hintereinander laufen mussten und stolpern wäre auch gar nicht mehr sooo gut gekommen. 
Auf geht's, Team Stoffel! Die Stimmung ist super! 😎

Ein Blick zurück zum Wetterstein und der Mieminger Kette! 😍
Die Felsaufschwünge des Nordgrats kamen näher und wir setzten unsere Helme auf, schließlich waren wir in den bröseligen Miemingern unterwegs. 😅 Bereits aus dieser Distanz konnten wir die Markierungsstange erkennen, die laut Tourenbeschreibungen den Ausstieg aus der Route markierte. Doch bis dahin fehlte noch ein gutes Stück...
Der Grat wird schmaler. 

Unsere Umgehung der Felstürme.
Schließlich versperrten zwei hohe Felstürme den direkten Weg, so dass DF und ich ein kleines Stück abstiegen und im Gras querten, ehe wir in einem von Felsen eingefassten Grashang standen. Dort fiel uns der erste, dicke, rote Punkt auf, der an einem Stein prangte - und es sollte nicht der letzte sein! 
Bei den gelben Kreisen sind Markierungen.
Die Stelle für die Markierung war sehr geschickt gewählt, denn ab hier wurde das Gelände deutlich unübersichtlicher und fast schon labyrinthartig. Ab diesem Punkt hieß es die Augen offen zu halten, aber wir entdeckten meist nach kurzer Suche die nächste Markierung oder auch Steinmänner. Zum Teil lotsten sie einem Abschnitte hoch, die man aus dem ersten Bauchgefühl heraus nicht gewählt hätte, die sich dann aber doch als gangbar erwiesen. 
DF im Gras-Aufstieg zur nächsten Markierung.

Es wird unübersichtlicher...
Insgesamt überstieg die Kletterschwierigkeit nie die Schwierigkeit UIAA II, wobei man hier nie vergessen durfte, dass wir im splittrigen Mieminger Kalk unterwegs waren. Es empfahl sich definitiv jeden Griff und jeden Tritt mehrfach zu prüfen, denn nicht selten gab der vermeintlich feste Fels nach und kullerte nach unten.
Beste Wege, findet ihr nicht? So fest und vertrauenserweckend. 😂

Gipfelstürmer-Feeling bereits am Grat! 😊
Mit der altbekannten Stützen-Drücken-Ziehen-Technik kam man allerdings ganz gut voran, vor allem in einer Rinne, deren Boden aus Rollsplitt bestand und in der eigentlich nur die rechte Seite festen Fels aufwies. 😅
DF im "übersichtlichen" Gelände. 😁

Auf zur nächsten Markierung!

DF im Einstieg zur Rinne. 

Die Rinne von oben und ich mittendrin. 😅
Aber selbst, wenn der Untergrund manchmal nicht sooo komfortabel war, machten uns die Suche nach dem Weg und das Gelände einen Riesenspaß. So rückte auch die Markierungsstange immer näher heran. 
Die Markierungsstange rückt näher.

Panorama-DF! 😄
Kurz vor dem letzten Aufschwung wurde es noch einmal schön schottrig und bröselig und wir fühlten uns, als ob wir auf Treibsand nach oben gehen mussten. Im letzten Teil gab es keine roten Punkte mehr, dafür ausreichend Steinmännchen, die den richtigen Weg wiesen. 

Auf dem Schotterfeld gingen wir erst leicht links, ehe wir im überraschend festen Fels nach rechts und damit zur Ausstiegsrinne querten. Die Rinne war noch einmal ein richtiges Mieminger Highlight - steil, bröcklig und eng. 😅
Der letzte Aufschwung zum Ausstieg aus dem Grat. 
DF und ich kamen knappe zwei Meter links neben der Signalstange auf einem Plateau an, wo sich bereits der Normalweg entlang schlängelte. Es galt nur noch einen kleinen Aufschwung zu erklimmen und schon sahen wir das Gipfelkreuz und die benachbarte Wetterstation. Um 11:20 Uhr hatten wir den höchsten Punkt für den heutigen Tag erreicht! 😎
Typisches Mieminger "Gehgelände". 😂

Nur noch ein paar Schritte! 

Tagesziel erreicht! 😍
Wir gönnten uns eine kurze Gipfelrast mit wunderbarem Panorama. Endlich konnten wir die Wankspitze ohne Nebel sehen! 😂 Wir hatten einen perfekten Blick vom westlichsten bis zum östlichsten Gipfel (Hohe Munde)! 😃
Gigantischer Ausblick über den weiteren Weg und bis zur Hohen Munde im Osten. 😊
Nun ging es leichter auf dem markierten Weg in Richtung der drei Handschuhspitzen. Über einen schottrigen Pfad stiegen wir einige Höhenmeter ab und querten ein paar letzte Schneefelder. Auf einem dieser Schneefelder ließen wir uns zu einer Schneeballschlacht hinreißen, aber das seht ihr am besten selbst im Video. 😇
Wenn die Mieminger eins genug haben, dann ist es Schotter! 

Schneeballschlacht, ahoi! 😇
Bevor wir die westliche Handschuhspitze erreichen sollten, mussten wir eine andere Erhebung deutlich umgehen. Zwischendurch kam es mir so vor, als ob wir schon wieder bis ins Tal abgestiegen wären, zumal der Weg auf diesem Abschnitt sehr an den Steinernen Jager am Hochstaufen mit den schief stehenden Felsen erinnerte. Das war definitiv kein Terrain, um schnell Strecke zu machen. 
Da kommen wir her...

...und da gehen wir hin. 😀
Danach war der Weg zwar immer noch steil und teilweise ausgesetzt, aber man kam gut vorwärts. Da der markierte Weg nicht zu den Gipfeln der westlichen und der mittlernen Handschuhspitzen führte und die bröseligen Hänge von ihnen nicht gerade einladend wirkten, umgingen wir sie. Rein nach unserer Berechnung wurde es auch allmählich Zeit auf Alex und Andy zu treffen, aber noch fehlte jede Spur von ihnen. 😳

Gegen 13:00 Uhr erreichten wir schließlich die östliche Handschuhspitze (2.319 m), die als einzige der dreien mit einem Gipfelkreuz aufwartete. 😊 Nun sollte es für uns nur noch "bergab" gehen. 😂
DF und ich pausierten noch eine halbe Stunde, knipsten uns bei den schönen Rundumblicken fast zu Tode und machten uns dann an den Weitermarsch. 
Zwei Stoffel auf der Handschuhspitze. 😂

Blick zurück zum Hochwannig. 

Pfeile von links nach rechts: Grünstein, Hohe Munde und Wankspitze (ist sie nicht süß? 😅).
In steilen Serpentinen zog der Weg nach unten. Wir durchquerten eine Schafherde, die sich überhaupt nicht an uns zu stören schien und kamen auf den unangenehmsten Part der Strecke: ein steiles Stück voller Geröll, das deutlich tiefer in einem Schotterfeld mündete. 
Alpine Schafe. 
Und genau auf diesem Abschnitt kamen uns auf circa 2.100 m Alex und Andy entgegen. 😁 Nach einer kurzen Ratsch-Pause setze jeder seinen Weg wieder fort, so dass DF und ich kurz darauf das Schotterfeld gequert hatten und durch Latschen eine Wiese im Marienbergjoch erreichten. Hier zeugten nur ein paar Spuren im Gras davon, dass sich Leute hierher verirrten. 
Das Youtuber-Gipfeltreffen! 😁

DF auf dem Weg zum Schotterfeld. 

Ein Blick zurück zur östlichen Handschuhspitze. 
Wir bogen in der Wiese nach links ab, um wieder auf einen Trampelpfad zwischen den Latschen zu gelangen. Diesem folgten wir ein gutes Stück in der inzwischen sengenden Sonne, bis wir auf einer weiteren Wiese standen, auf der ein Skilift entlang führte. Da dies im Sommer offenbar der offizielle Weg zu sein schien (Tourenbeschreibung und GPS-Track bestätigten uns das) ging es für DF und mich auf der unangenehm steilen Wiese immer am Lift entlang stetig nach unten, bis wir das Ende der Liftanlage erreicht hatten. 
Das Gelände wird angenehmer. 

Sieht steil aus? War es auch! 😵
Dort fanden wir wieder einwandfreie Beschilderung in Richtung Alpgrat, den wir noch vom Aufstieg bestens kannten und der uns auch wieder zum Auto zurück führte. 
Ein Blick zurück zum Hochwannig - da ging es für uns hoch.
Da die Temperaturen inzwischen unsäglich waren und uns im Wald auf dem Grat die Bremsen jagten, nutzten DF und ich eine der Bachquerungen im Tal, um etwas runter zu kühlen. 😅 
Auf Höhe der "romantischen Pausenbank" erwartete uns noch eine kleine Überraschung in Form einer Rinder- und Pferdeherde, die dort mitten im Weg stand und zum Teil nicht gerade freundlich auf einen zukam. So begann ein kleiner Slalom für DF und mich, bis wir diese natürlichen Hindernisse hinter uns gelassen hatten. 😅 Um 17 Uhr hatten wir unser Auto wohlbehalten erreicht. 😀
Ähm ja...
Das Video von DF findet ihr hier: Gipfeltreffen: Hochwannig Nordgrat & Handschuhspitzen 😉 .
Das Video von Alex findet ihr hier: Alpinwanderung auf den Hochwannig 2493m . 😄


Fazit zur Tour:
Der Wannig und die Handschuhspitzen mögen neben den Großen der Mieminger Kette harmlos anmuten, doch sollte man sie nicht unterschätzen. Sie erfordern auf den Normalwegen Trittsicherheit und vor allem gute Ausdauer. Wenn man den Nordgrat wählt, sollte man noch ein wenig Klettergeschick in brüchigem Fels, sowie Routengespür mitbringen. Für den routinierten Bergsteiger sollte die Überschreitung dann eine wunderbare Tour ohne größere Schwierigkeiten werden. 😊
Die Ausblicke und Perspektiven auf die umliegenden Bergketten (Mieminger, Zugspitze, Daniel, Gartner Wand, Stubaier...) sind einfach grandios und jeden Höhenmeter wert! 
Warum aber in einiger Literatur vorgeschlagen wird über den Nordgrat abzusteigen, will mir nicht in den Kopf! 😥 Das Gebrösel nach unten zu gehen, plus den steilen Grashang stelle ich mir sehr unangenehm vor, zumal die Orientierung im oberen Gratteil deutlich komplizierter sein dürfte. 
Insgesamt war es eine Fünf-Sterne-Panorama-Tour mit Einsamkeitsgarantie. Abgesehen von Alex und Andy sind uns auf der gesamten Tour nur zwei weitere Personen begegnet und das von morgens fünf bis nachmittags um fünf Uhr. 😎


Bis zur nächsten Schandtat!

Eure Katharina 😃

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