Montag, 27. Juni 2022

Frieder via Nordostgrat - das weglose Latschen-Brösel-Abenteuer

Hi! 😀

Mit einiger Verzögerung hat es dieses Jahr endlich geklappt und DF und ich konnten die Bergsaison 2022 einläuten! 😁 Unsere Tour führte uns wieder in die altbekannten Ammergauer Alpen, aber dieses Mal auf wirklich "Wilden Wegen" hinauf zu einer ihrer Aussichts-Logen: dem Frieder! 
Der Frieder und sein Nordostgrat vom Elmau-Gries aus betrachtet. 
Die meisten werden sich jetzt denken, dass der Frieder keine wilde Sache ist und damit mögen sie für die Normalrouten Recht haben, aber man kann ohne Probleme einen DF-Bonus dazu packen. Wie es dazu kam und wie alles gelaufen ist - seht selbst! 😉

Um die Vorgeschichte zur Tour-Idee zu erzählen, entführe ich euch in den Frühsommer 2022 zu unserer Tour über den Kuchelberggrat zur Kreuzspitze
DF und ich stiegen damals über die Kuchelberg-Diensthütte auf, die wir für eine Frühstückspause nutzten. Von dort aus hatten wir einen perfekten Blick in Richtung Frieder und auf dessen wilden Nordostgrat. DF fragte sich natürlich sofort, ob dieser Grat wohl machbar wäre. 
Nachdem wir wieder daheim angekommen waren und über funktionierendes Internet verfügten (das hat es im Graswang-Tal nämlich definitiv nicht! Digital Detox vom Allerfeinsten...😕), begannen wir zu recherchieren - und siehe da: im AV-Führer und auch auf einigen Internetseiten fanden wir mehr oder weniger detaillierte Berichte über den Nordostgrat. Die klettertechnischen Schwierigkeiten sollten sich maximal im Bereich UIAA II bewegen, dafür sollte die Orientierung vor allem im unteren Teil nicht allzu einfach sein. Im Laufe des Jahres 2021 geriet der Grat durch andere Touren ein wenig in Vergessenheit, aber als wir einen würdigen Kandidaten für 2022 suchten, der das Prädikat "Himmelfahrtskommando" verdiente, fiel uns der Frieder wieder ein! 😆
Na, wer kennt den Parkplatz noch? 😄
Ausgangspunkt der Tour am 14.06.2022 war der altbekannte Parkplatz "Fürstenweg" im Graswangtal, von dem aus wir auch die Tour zum Kuchelberggrat gestartet hatten. Nach wie vor gilt es hier zu beachten, dass Parken ausschließlich zwischen 5 und 22 Uhr erlaubt ist. 

Uns erwartete zu Beginn ein Forststraßen-Hatscher von 4,5 km. Nach etwa einem Kilometer ließ uns der Wegweiser zum Frieder nach links abbiegen. Wir querten ein trockenes Bachbett, bis wir auf den nächsten Forstweg stießen, auf dem es für uns nach rechts weiter ging. 
Einmal links abbiegen, bitte! 
Da es über Nacht auf gerade einmal 7°C abgekühlt war und DF meistens sehr verfroren ist, machte er ganz gut Tempo, um sich aufzuwärmen. So hatten wir das erste, unschwierige Stück nach einer knappen Stunde hinter uns gebracht.
Da wollen wir irgendwie hoch. 😅

Idylle entlang des Forstweges. 
Unser Ziel war eine markante Lichtung, in deren Mitte ein einzelner Baum (ein Laubbaum, aber fragt mich nicht genau was für einer. 😅) mit einer Bank darunter stand. Zu unserer linken befanden sich etwas weiter oben heftige Steilabbrüche, die in den Berichten ebenfalls als Orientierungspunkt genannt worden waren. 
Der Baum da vorne ist unser Orientierungspunkt. 

Die markanten Steilabbrüche. 
Nun begann das weglose Stück. Die verschiedenen Beschreibungen hatten ab hier teilweise verschiedene Wege genutzt, so dass wir erst einmal die goldene Mitte finden mussten. Auf der rechten Seite der Forststraße zeichnete sich eine Schneise zwischen den Bäumen ab, die wir ansteuerten. Vorher mussten wir uns durch kniehohes "Gemüse" kämpfen, das vom Morgentau noch richtig nass war. Wenn das kein guter Einstieg war...😅
In dieser Schneise ging es hoch. 
Wir folgten der Schneise bis wir an einen Graben gelangten, in dem ein kleiner Bach floss. Ab diesem Punkt hielten wir uns rechts und stiegen zum Teil im Zickzack oder auch direkt im Steilgras nach oben. Zu Beginn entdeckten DF und ich sogar einige rote Markierungen, wobei unklar war, ob diese zum Nordgrat führen sollten oder einen anderen Zweck erfüllten. 
Total übersichtliches Gelände...
Da wir uns noch mitten im Wald befanden, war das Gelände stellenweise unübersichtlich. Wir versuchten immer die Steilwand auf der anderen Seite des Forstweges im Rücken zu behalten, nicht zu nah an den steilen Graben zu kommen und stiegen ansonsten teilweise auf Tierpfaden auf. Dank des hohen Grases wimmelte es natürlich von Zecken! 😒 Da wir von unseren vorangegangen Touren in diesem Gebiet aber wussten, dass die Biester sich in den Ammergauer Alpen sehr wohl fühlten, hatte Stephan mit seinem Spray vorgesorgt. Einzig und allein an den Händen und Armen mussten wir vorsichtig sein. Nur ließ sich das leider nicht immer vermeiden, wenn wir uns im steilen Gras an Grasbüscheln nach oben zogen. 😫
Schönster Steilgras-Spaß.
Das Gelände steilte oben immer weiter auf und erste brüchige Felsköpfe zwangen uns dazu nach rechts auszuweichen. Dadurch hatten wir uns circa 300 m von dem Punkt entfernt, an dem wir nach DFs Berechnungen laut Track optimalerweise auf dem Grat hätten landen sollen, aber das Gelände gab irgendwie nichts anderes her. Da die Latschen vor uns unglaublich dicht waren, umgingen wir den Gratkopf ein kleines Stück, ehe wir an einem steilen, brüchigen und ausgesetzten Aufschwung ein Schlupfloch entdeckten. Wirklich toll fanden wir die Stelle beide nicht, aber dank der sehr stabilen Latschen, an denen man sich perfekt hochziehen konnte, arbeiteten wir uns auf den Gratkopf vor. 

Dort angekommen fühlte ich mich ein wenig wie Dornröschen, nur dass mich keine Dornenhecke, sondern feinster Latschenkampf umgab. 😒 Und mein "Prinz" stand leider nicht außerhalb mit einem Schwert und einem weißen Ross, sondern neben mir und hatte eine GoPro und ansonsten genauso wie ich mit dem staubenden Gestrüpp zu kämpfen. 😖 Und warum staubend? Weil die Latschenkiefern aktuell in der besten Blütenstaub-Phase waren. Da es zum Glück überhaupt nicht anstrengend war sich dadurch zu kämpfen und man dadurch nicht ins schwitzen kam, fühlten wir uns am Ende wie geteert und gefedert. 😑
Die "gutmütigen Latschengassen" lichten sich. 
Wir waren zwar inzwischen auf dem Nordostgrat angelangt, aber der direkte Weg war in den wenigsten Fällen frei, so dass wir häufig leicht nach links und rechts ausweichen mussten, um uns durch das Latschengewirr zu kämpfen. In einem der Tourberichte war von "gutmütigen Latschengassen" die Rede gewesen. Wer auch immer diesen Text verfasst hat, musste eine grundlegend andere Definition des Wortes "gutmütig" gehabt haben, als ich...😖

Nach vielem Gewürge, Gezerre, Geklettere und keine Ahnung was noch wurde das Gelände endlich ein wenig offener und DF und ich konnten in eine kleine Senke absteigen, die auch in den Berichten beschrieben worden war. Ab hier kamen wir deutlich schneller voran. 
Ein erster näherer Blick auf unser Tagesziel! 😱
Ob wir bisher den Weg optimal gewählt haben, wage ich selbst anzuzweifeln. Vielleicht wäre es an der ein oder anderen Stelle anders oder leichter gegangen, was aber durch den dichten Wald zum Teil nicht einsehbar war. Wir haben es unfallfrei auf den Grat geschafft und das zählt. Wer aber einen einfacheren Weg weiß, darf sich gerne melden. 😉

Inzwischen waren wir auch wieder voll auf dem geplanten Track und ein weiteres Prüfen der Tourberichte machte deutlich, dass ab diesem Punkt die Hauptschwierigkeiten in Sachen Orientierung erledigt waren. DF und ich waren so erleichtert, dass wir erst einmal eine Frühstückspause machten. 😂
Sehr ihr die Latschengassen auch? 😂
Nach einer ausgiebigen Futterpause, in der wir uns zusätzlich mit Sonnencreme eindeckten, ging es weiter nach oben. Das Gelände steilte merklich auf, aber die Orientierung wurde tatsächlich deutlich leichter. Wobei auch hier nur an den seltensten Fällen "gutmütige Latschengassen" anzutreffen waren. Meistens waren es eher zugewucherte, verwinkelte Katakomben...
Eins der wenigen, schönen Stücke zum Gehen. 

Ein DF, der aus dem Latschen kam! 😂
Der erste Fels kam inzwischen deutlich näher und das Gelände öffnete sich deutlich. Ein erster Aufschwung erwartete uns, der technisch nicht sonderlich schwer war, dafür aber mit bestem Frieder-Bruch aufwartete. Jeder Tritt, jeder Griff wurde auf Herz und Nieren geprüft, ehe wir ihn belasteten - und nicht selten war die Vorsicht begründet! Es ist faszinierend wie so viel Schutt auf einem so hohen Haufen liegen bleiben kann! 😱
Das sieht fast "gutmütig" aus. 😂

Der erste (Fels-) Kontakt. 😄
Die meiste Zeit hielten wir uns im Anschluss direkt am Grat oder umgingen zu steile Gratköpfe meist auf der rechten Seite. Es gab zwar auf dem gesamten Weg bis zum Gipfel nur ein (!) einsames Steinnmännchen, aber die Route erschloss sich meist sehr logisch. 
Eine der steil-schottrigen Querungen. 

Da mussten wir mal kurz absteigen.
An einigen steileren Querungen war ich übrigens sehr dankbar für Latschen, an denen man sich perfekt festhalten konnte, wenn schon der Boden eine einzige Rutschfläche war. Außer bei der Umgehung eines Gratturms führte der Grat stetig nach oben, so dass wir zumindest kaum mit unnötigen Gegenanstiegen zu kämpfen hatten. 
Traumhafte Ausblicke zum Kuchelberggrat nebenan. 😍

Die Laune ist super! 😎

Bizarre Hauptdolomit-Felsformationen am Friedergrat - ein Blick zurück. 
Schließlich erreichten wir den ersten ernstzunehmenden Felsaufschwung, den DF direkt dazu missbrauchte eine neue Kamera-Perspektive auszuprobieren. Aber das seht ihr besser später selbst in seinem Video. Ich kann euch hier nur zeigen, wie es für Außenstehende wirkte. 😂
Alles für die Kunst! 😂
Bei den folgenden Latschenfeldern waren eindeutige Trittspuren erkennbar, so dass sich der Latschenkampf deutlich leichter gestaltete. In Teilen umging man die Latschen auch, hielt sich aber meist direkt am Gratrücken, so dass sich der Gipfelaufbau immer bedrohlicher vor einem auftürmte, umso näher man kam.
DF taucht ein ins Vergnügen...äh Latschenmeer! 😅

Hübsch! 😊

Ein Blick zurück auf bestes Gehgelände. 😂
Es lohnte sich in vielen Fällen auch einmal um die Ecke der Grattürme zu spähen, weil sich dort nicht selten Rinnen verbargen, in denen man sich gut nach oben arbeiten konnte. Dabei variierten Boden und Fels sehr stark in ihrer Festigkeit, aber mit der altbekannten Stützen-Drücken-Ziehen-Technik kam man eigentlich überall problemlos hoch. 😁
Wirkte erst etwas verworren, ergab sich aber sehr gut. 

Das Gipfelkreuz vom Friederspitz erschien bereits zum Greifen nahe. 😎

Blick zurück in Richtung Sonnenberggrat und Kienjoch. 😍
Der vorletzte Aufschwung ließ sich sehr gut bewältigen, ehe es auf einem steilen, mit Schutt bedeckten Grashang direkt zum Gipfelaufbau ging. Es ist irgendwie sehr befremdlich, wenn Grashalme das stabilste sind, was man in den Händen hält und unter den Füßen hat. 
Dieser steile Aufschwung wurde rechts umgangen und in der Rinne ging es hoch. 

Alles rutscht, alles bröselt...
DF und ich trennten uns, als der Fels sich direkt vor uns auftürmte. Ich versuchte es auf der linken Seite, befand mich aber sehr bald vor einem abdrängenden Aufschwung und musste wieder auf den Grashang absteigen. DF hatte rechts deutlich mehr Glück und fand eine gut gangbare Rampe, die den Weg nach oben wies. 
Die Wege am letzten Aufschwung - der Pfeil rechts bezeichnet etwa die Rampe von DF. 
Um kurz nach zwölf Uhr war es schließlich geschafft und wir standen auf dem vorgelagerten Aussichtspunkt vom Gipfel des Frieders auf 2.053 m! 😎
Blick vom Aussichtspunkt auf Frieder und Friederspitz.

Oh, du schöner Wetterstein! 😍

Die Gipfel-Stoffel vom Frieder! 😂
Nach einer ausgiebigen Gipfelrast, gefühlt tausenden von Panorama-Fotos und der Bergung eines Caches ging es nach einer knappen Stunde weiter für uns. 😃 Zuerst führte der Weg fast 70 Höhenmeter nach unten in die Senke zwischen Frieder und Friederspitz, nur um dann wieder 66 m, bis auf 2.049 m., aufzusteigen. 😅 Ein Gipfelbuch war am Friederspitz leider nicht mehr vorhanden. 😥
Der Grat hinüber zum Kreuzspitzl - und da sind wir lang?! 😱

OBEN!!! 😎

Verdiente Brotzeit! 😂

Die Senke rüber zum Friederspitz.
Hier hielten wir uns auch gar nicht lange auf, sondern begannen direkt mit dem Abstieg. Auf einem guten und markierten Pfad ging es zügig nach unten. Wir querten etwas nach links und kamen wieder hinein in die Latschen, wobei das Durchkommen hier deutlich angenehmer war. Aber wir hatten uns ein wenig zu früh gefreut! 😕 
Rückblick zum Frieder - von Süden sieht er ganz harmlos aus. 😄

Der unkomplizierte Abstieg. 
Nach einer Weile tauchte vor uns ein Wegweiser ohne Beschilderung auf - es waren einfach nur zwei gelbe Pfeile, die einen starken Knick nach rechts anzeigten. Auf unserer Karte hatte ich zuvor aber gesehen, dass wir auf keinen Fall rechts abbiegen durften, sondern einem Pfad geradeaus bzw. leicht links folgen mussten. Und da standen DF und ich auf einmal - und der geplante Pfad war nicht da. 😒
Sehr vielsagend, oder?! 😒
Ein Blick auf den Track zeigte uns, dass wir bereits ein paar Meter zu weit gegangen waren. Also liefen wir ein Stück zurück und querten leicht links über eine Wiese, die in steile, schottrige Pfadspuren überging. Wirklich gangbar sah das Gelände erst nicht aus, doch ein Stück weiter unten entdeckten wir eine rote Markierung, der noch viele weitere folgten. Es gab ab diesem Punkt auch immer deutliche Spuren, wobei man gleichzeitig erkennen konnte, dass der Wanderweg nicht mehr gepflegt wurde. Die Latschen wucherten bereits wieder zusammen, so dass es den zweiten Latschenkampf des Tages gab. 😑 Der andere Weg mit den Pfeilen wäre vielleicht angenehmer gewesen, aber er hätte auch einen Umweg von mehr als drei Kilometern bedeutet, auf den wir definitiv keine Lust hatten. 
Nicht gut gepflegt, aber immerhin markiert. 
Juhu! Wir hatten ja so lange keinen Latschenkampf! 😝

Zumindest die Seilversicherung war noch da. 😅
Schließlich verließen wir die Latschen und kamen mehr in die bewaldeten Hänge, auf denen der Wanderweg in steilen Serpentinen sehr zackig nach unten führte. Nach einer Querung über ein großes Kar, dauerte es nicht mehr lang und wir hatten das letzte Etappenziel des Tages erreicht: einen alten Bunker. 😁 Ich habe schon ein wenig recherchiert, aber leider nichts zu dem Bunker gefunden. Falls also jemand weiß, warum ausgerechnet an dieser einsamen Stelle ein Bunker steht und aus welcher Zeit er stammt - immer her damit! 😄
Es muss mal ein offizieller Weg gewesen sein...

Der Bunker von außen. 

Der Bunker von innen. 
Nach dem Bunker war es nicht mehr weit bis zum Forstweg und ab da konnten wir ganz entspannt zum Auto rollen lassen, das wir um 17:00 Uhr erreichten. 😆

Hier findet ihr das Video von DF: Himmelfahrtskommando 2022: Frieder Nordostgrat. 😄

Fazit zur Tour:
Ich wollte eigentlich schon sehr lange auf den Frieder, jedoch waren die normalen Wege nie sooo reizvoll und da kam DFs Idee mit dem Nordostgrat wie gerufen! 😅
Auf den ersten Blick mag der Frieder unscheinbar aussehen, aber er ist als Aussichtsplattform nicht zu unterschätzen - ein klasse Fünf-Sterne-Panorama-Berg! 😍
Wer ein wenig das Abenteuer sucht und eine längere Kuschelei mit Latschenkiefern nicht scheut, dürfte mit dem Nordostgrat seine Freude haben. Auch mit nicht allzu festem Fels sollte man ein wenig Erfahrung haben. 😅 Trittsicherheit und Orientierungsvermögen in unmarkiertem Gelände sind Grundvoraussetzung für diesen Anstieg. 
Harmloser kann der Frieder von Griesen oder über die Rotmoosalm erreicht werden. 😉
Aus meiner Sicht hat der Nordostgrat das Prädikat "Himmelfahrtskommando" definitiv verdient und war ein sehr gelungener Toureinstieg in das Bergjahr 2022! 😀

Bis zur nächsten Schandtat! 😊

Eure Katharina 

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