Freitag, 2. Juni 2023

Besucherbergwerk Grube Fortuna - Wetterüberhauen-Tour: Schaffst du das?

Hi! 😀

Nun war es doch sehr lange ruhig im Blog, aber mit den klassischen Regen-Matsch-Wanderungen aus dem Spessart wollte ich keinen zu Tode langweilen. 😉 Einige haben es wahrscheinlich mitbekommen, dass DF sich erst Ende April am Knie verletzt hat. Zwar hatte er Glück im Unglück, doch muss er es nach wie vor etwas schonen und deshalb haben wir unseren Saison-Auftakt etwas verschoben. 
Glück auf! 😄
Da wir trotzdem nicht still sitzen können, haben wir uns am 27. Mai mal in ganz andere Sphären begeben - und zwar unter Tage. 😁 Durch Zufall hatten wir das Schild zur "Grube Fortuna" bei Solms-Oberbiel gesehen und nach ein wenig Recherche festgestellt, dass es dort nicht nur "Standard"-Führungen in das seit 1983 außer Betrieb genommene Erz-Bergwerk gab. Da DF und ich bekanntermaßen ein bisschen irre sind, lachte uns die vierstündige "Wetterüberhauen"-Tour an. 😇 Was an dieser Tour anders war und was ihren Reiz ausmachte, lest selbst! 😁

Schon am Parkplatz gab es einiges zu staunen.😃 
Laut Ticket sollte man sich eine halbe Stunde vor der Führung an der Kasse melden, was DF und ich brav machten. Wir bekamen beide eine Fahrmarke mit den eingestanzten Buchstaben "WÜH" an einem kleinen Karabiner. Fahrmarken dienten früher zur Anwesenheitskontrolle im Bergbau und auch in unserem Fall erfüllte das kleine Plättchen einen vergleichbaren Zweck. Da ich im ersten Moment auf dem Schlauch stand, wollte mir nicht einleuchten, dass "WÜH" für Wetterüberhauen stand, weshalb ich kurzerhand "Wir überleben heute" daraus machte. 😅
Oben links die Fahrmarke und mittig der Tunnel vom Parkplatz zur Grube. 
Noch eine kurze Begriffsklärung, bevor ich weiter erzähle: Als Überhauen wird in der Bergmannssprache ein senkrechter oder steil geneigter Grubenbau bezeichnet, der zum einen mehrere Sohlen (Ebenen) miteinander verbindet oder  zur Tagesoberfläche führen kann. 
Das Wetter bezeichnet im Bergbau grundsätzliche alle Gase, die sich in einem Bergwerk befinden. Ein System zur Bewetterung diente somit dazu vor allem Luft in einem Bergwerk zirkulieren zu lassen, damit keine giftigen oder gefährlichen Gase entstehen. 
In unserem Fall hatten wir somit einen Grubenbau, der zur Bewetterung diente, weshalb das gesamte Bauwerk "Wetterüberhauen" genannt wird. 
Die Rotkaue. 
Unsere Tour wird seitens der Grube nie mit mehr als zehn Leuten durchgeführt. DF und ich hatten geradezu unverschämtes Glück, denn wir waren an diesem Tag sogar nur zu dritt! 😄
Die kurze Wartezeit überbrückten wir in der Weiß- und Rotkaue und dem kleinen, angrenzenden Museum. In der Weißkaue wurde die saubere Alltagskleidung der Bergarbeiter aufbewahrt. Demgegenüber wurden die dreckigen Arbeitsklamotten in der Rotkaue aufgehängt und getrocknet. Da in der Grube rotes Eisenerz abgebaut wurde, hieß dieser Raum Rotkaue. Im Kohlebergbau sprach man dagegen von "Schwarzkaue". Zwischen beiden Räumen befand sich ein Duschraum. Im Museum waren ein interessantes 3-D-Modell des Bergwerks und andere spannende Kleinigkeiten.
Das Belegschaftsbuch. 

Kaboom? 😅

An diesem Modell konnte ich mich kaum satt sehen! 😍
Schließlich holte uns unser Bergwerksführer Matthias Baum ab, bei dem man sofort merkte, dass er mit Herzblut bei der Sache war. Der junge Geologe verstand es, die folgenden Stunden für uns sehr spannend und kurzweilig zu gestalten. 😃

Zuallererst ging es für uns in die Helmkammer, wo wir mit sexy Helmen samt Grubenlampe ausgestattet wurden. Für DF und mich war es vollkommen ungewohnt einen Helm ohne Kinnriemen, dafür aber mit schwerer Lampe, zu tragen. 😲 Falls man keine wasserdichte Jacke dabei hat, kann man sich diese auch in der Helmkammer leihen. 
Mit Team Stoffel geht es "abwärts". 😂
Und dann hieß es "Glück auf"! 😁 Neben dem Gebäude mit Kaue und Helmkammer führte ein Tunnel ein gutes Stück in den Berg hinein, bis wir den alten Förderkorb erreichten. Matthias erklärte uns die Signalanlage und die gängigen Signale für die Fahrt im Förderkorb. 
Da ging es hinein. 

Der alte Förderkorb mit Signalanlage. 
Unsere Fahrt endete zunächst in 100 m Tiefe. Dort führte Matthias uns vorbei an einem alten Schienenfahrrad und weiteren Relikten aus alter Zeit. In einem Pumpenraum für eine Zwischenpumpe befanden sich sogar noch Original-Villeroy-&-Boch-Kacheln, aus der Zeit, als die Grube im Besitz von Krupp stand! Das war schon ein verrückter Ort, an dem ich diese Kacheln nie und nimmer vermutet hätte... 😶
Bereit für eine Spritztour? 😄

Irgendwie gruselig, aber auch cool...! 

Villeroy & Boch ist einfach überall. 😂

Mini-Stalaktiten! 😊
Unser Weg führte uns zurück zum Förderkorb und hinab auf die 150 m-Sohle. Die ursprüngliche Grube erstreckte sich sogar bis in 250 m Tiefe, jedoch steht dieser Bereich unter Wasser und wird von den zuständigen Stadtwerken zur Trinkwasserversorgung genutzt. Würde die Grube nicht durchgängig abgepumpt werden, würde sie innerhalb von kürzester Zeit (mehrere Monate) mit Wasser voll laufen. In der Vergangenheit war die Grube einmal für zwei Jahre still gelegt und in dieser Zeit hatte sich das Wasser seinen Weg bis auf 16 m Höhe gesucht. 😨
Ganz schön tief...

Eine der vielen Stellen, an denen abgepumpt werden muss. 
Wir machten einen kleinen Abstecher abseits des hoch-offiziellen Besucherwegs zu den alten Sprengstofflagern des Bergwerks. Es war nicht gerade beruhigend zu lesen, dass zum Teil 1.000 kg Sprengstoff in den einzelnen Räumen gelagert wurden. 😨 
Die alten Sprengstofflager. 

Lost Place-Feeling pur. 

Wer möchte vorgehen? 😅
Im Anschluss ging es wieder zurück auf den Hauptweg, wo Matthias uns sogar eine kleine Spritztour mit der Grubenbahn gönnte! 😁 Da wir aber fürs Laufen bezahlt hatten, fuhren wir mit der Bahn zurück und gingen brav an den Schienen entlang in eine sehr große Grubenkammer. 
Die Grubenbahn wird überraschend flott. 😅

Nostalgie! 😊

Wie schwer die wohl sind...? 

Kommt da gleich der "Alien" raus?! 😱👽

Verschiedene Stütz-Möglichkeiten unter Tage. 

Konstante Temperaturen...😅
Dort waren jede Menge alte Gerätschaften aufgebaut, die allesamt noch funktionstüchtig waren. Bohrer für Gesteinsproben, Nassbohrer, ein Schrapper und eine Vielzahl an Fördermaschinen. Nach und nach führte uns Matthias sämtliche Maschinen vor, zum Teil aktivierte er einige parallel, so dass wir ein Gefühl dafür bekamen, was für ein Höllenlärm unter Tage geherrscht haben muss! Ich bin ehrlich: ich hätte das keine Stunde ausgehalten! 😨 Mein persönlicher Favorit war der schienengebundene Wurfschaufellader mit dem Spitznamen "Die Kuh", weil das Gerät tatsächlich entsprechende Laute von sich gegeben hat. 😂 Im Video hat DF das sehr gut aufnehmen können. 😉

Ein Bohrer für Proben. 

Ein Nass-Bohrer. 

Ein Schrapper. 

Die "Kuh". 😁
Nun ging es endgültig auf "Abwegen" für uns weiter. 😁 Immer tiefer ging es in das Labyrinth der Grube. An einer Stelle bekamen wir eine sehr beeindruckende Vorführung eines "Frosches". Hierbei handelt es sich um eine historische Öllampe, die früher von den Bergleuten benutzt wurde. In der Grube Fortuna war es so, dass der Kurfürst zwar die Lampe stellte, Brennmaterial und Docht musste sich der Bergmann aber selbst mitbringen! 😨 Matthias entzündete den Docht das Frosches und wir stellten unsere LED-Lampen aus, nur um uns in ziemlichem Schummerlicht wieder zu finden. Man konnte keinen Meter weit sehen und dabei haben sich die Menschen früher orientieren und arbeiten müssen! Diese Vorführung war für mich persönlich sehr beeindruckend und ich war froh über die LED-Lampe. 
Einmal Funzellicht. 

Wer möchte mal schieben? 😅
Weiter ging unser Weg unter Tage - vorbei am Magnetitabbau, wo Magnete tatsächlich an der Wand haften blieben und über verschiedene Stellen mit Limonit. Es handelt sich hierbei zwar auch um eine Form des Erzes, jedoch ist die Konsistenz wie Knetmasse. Limonit wird gerne genutzt, um die Farbe Ocker zu erzeugen. 😄
Beeindruckende Räumlichkeiten. 

Limonit. 😃
Einige Treppen und alte rostige Fahrten (so heißen Leitern in der Bergmannssprache) ging es nach oben, bis wir in immer verwinkeltere Teile der Grube kamen. Ohne die Markierungen "WÜ" und die Absperrbänder wäre das Gelände prädestiniert, um sich gnadenlos zu verlaufen - und gleichzeitig eine perfekte Film-Kulisse! 😍
Da ging es etwas rutschig nach oben. 

Wer möchte hier nicht einen Film drehen? 😎

Eine Pausenstelle mit alten Fotos. 

Rostig ging es hinauf. 

So sah es von oben aus. 

Ein altes Podest. 

Pitsch-Patsch im schönsten Matsch! 😅
Kurz vor dem Ausgang am Wettterüberhauen entdeckten wir ein weiteres kleines Highlight: Feuersalamander! 😊 Laut unserem Bergwerksführer fühlten sich diese in dem Bereich ziemlich wohl. 😄
Ist er nicht goldig? 😍

Der Eingang zum Wetterüberhauen. 
Und dann kam der ungeplante Abenteuer-Part der Grubentour. Vor uns lagen 106 Höhenmeter, die wir über 21 Fahrten und 19 Podeste zu überwinden hatten. Das klang an sich noch simpel, ABER: Dank der Regenfälle der letzten Wochen war außerordentlich viel Wasser im Berg und das drückte es genau an dieser Stelle aus dem Gestein und in den Überhauen. Seid ihr schon mal 106 m nach oben geschwommen? 😅 Okay, ich bin ehrlich, es waren nur 18 der 21 Fahrten, auf denen man so richtig von oben geduscht wurde. Und was nützt einem die beste Regenjacke, wenn das Wetter von oben in den Ärmel läuft?! 😂 Unter diesen Bedingungen waren fast zehn Minuten nach oben steigen überraschend lang, aber definitiv nicht langweilig...😅
Die erste Fahrt nach oben. Man sieht wie nass alles ist...
Wir waren jedenfalls alle froh, als wir schließlich das Tageslicht erblickten und von der frühsommerlichen Wärme begrüßt wurden. Mitten im Wald setzten wir unseren Weg fort. Es lagen noch knappe zwei Kilometer Weg vor uns. Diese führten uns durch einen sehr schönen und ruhigen Wald vorbei am alten Tagebau der Grube Fortuna bis zum Maschinenhaus. 

Dort wurde uns noch die Fördermaschine im Einsatz demonstriert, was aufgrund der riesigen Kabelrollen sehr beeindruckend war! Danke an den Maschinisten für die sehr verständlichen Erklärungen. 😀
Beeindruckende Technik! 

Und so sah das Ganze von draußen aus. 
Nun mussten wir nur noch den sogenannten Bremsberg nach unten "rollen lassen", bevor wir wieder am Startpunkt unserer Tour waren. Ein riesengroßes Dankeschön an Matthias, der sich wirklich viel Zeit für uns genommen hat und mit dem es keine Minute langweilig wurde! Weiter so, du bist klasse! 😀


Und wer sich gerne über die Grube Fortuna informieren möchte, kann die Seite des Bergwerks hier besuchen: Grube Fortuna. 😃

 
Fazit zur Tour:
Viele wissen ja, dass ich eigentlich Angst vor Höhlen habe, aber die kam in der Grube Fortuna kein einziges Mal auf. Es war immer weit genug, so dass ich keine Probleme hatte! Auch war es für die Psyche sehr beruhigend zu hören, dass alles regelmäßig kontrolliert und überprüft wird. Wobei die nette Begrifflichkeit des "Sargdeckels" für große Platten, die sich von der Decke lösten, es einem doch etwas flau im Magen werden ließ. 😅
Die Wetterüberhauen-Tour war ein richtiges Abenteuer mit gut vier Kilometern unter Tage und nochmals zwei Kilometern oberirdisch, die es zurückzulegen galt. In Teilen war es die Besichtigung eines riesigen Lost Places. 
DF und mir war jedenfalls keine Minute langweilig und wir haben viel gelernt. 😁 Den krönenden Abschluss bildete der Indiana-Jones-verdächtige Ausstieg über die 21 Fahrten! 😂 Eine sehr gelungene Tour und absolut empfehlenswert, wenn man die Tiefe, etwas Matsch und Wasser nicht scheut! 😀

Bis zur nächsten Schandtat! 😄

Eure Katharina 

1 Kommentar:

  1. Hallo
    Obwohl ich aus dem Ruhrgebiet stamme wo alles durchlöchert ist könnte ich so eine Tour nicht machen.
    Grüsse, Doris

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